WS 2023/2024
Postcolonial Media Studies
MA Seminar + Übung
Mo. 15-16.30 h und 16.45-18.15 h
Medien, unsere Kolonialgeschichte und die Kolonialität unserer Gegenwart sind eng verwoben. Zuletzt erinnern Black Lives Matter oder gestürzte Statuen daran, vor welchem Hintergrund die europäischen Metropolen aufgebaut wurden. Aber was bedeutet diese Geschichte für die Medienwissenschaft? Medien waren nicht nur zentral für die Planung und Durchführung kolonisierender Missionen, in der Wissensproduktion über "die Anderen", oder in der Kommunikation der imaginären Erzählungen, die die Schätze der Neuen Welt oder unseren "Platz an der Sonne" begleiteten. Die Einführung in die klassischen Texte der Postcolonial Studies umfasst Konzepte der "double consciousness" oder der "Subalternen"; sie wirft ebenso einen Blick auf die "Buschtrommel" bei McLuhan und anderer Relektüren unseres Kanons. Die post_kolonialen Medientheorien gehen davon aus, dass unsere Konzepte bis in Philosophien zurückgreifen, die in kolonialen Hochzeiten verfasst wurden und die Ausbeutungsverhältnisse ihrer Zeit ausblendeten oder legitimierten - mit Folgen für Medienkonzepte bis heute. Daher fragen sie nach Wurzeln der Medienwissenschaft in Vorstellungen von Dokumentation und Magie, von Natürlichkeit und Ursprünglichkeit, Originalität oder Nachahmung, nach Subjektivierungsweisen, Minorisierungen, rassistischen Formeln und nach medialen Normierungen des Weißseins bis ins digitale Zeitalter.
Mit einem postkolonialen Stadtrundgang der Gruppe "Amo – Braunschweig postkolonial" (https://amobraunschweigpostkolonial.com/postkolonialer-stadtrundgang/) am 20.01.2024.
In der Übung geht es um die Analyse visuellen Materials – um narrative und essayistische, um digitale und massenmediale Formate, um Strategien des Otherings und um Schwarze Regisseur*innen.
Es wird empfohlen, Seminar und Übung zusammen zu belegen.
Klimakrise und Medien am Ende der Welt
BA-Seminar
di 11.30-13.00 h
Das Klima hat mit den Medien alles zu tun. Nicht nur, weil mediale Geräte auf einem Extraktivismus beruhen, der Ressourcen wie seltene Erden unter imperialen Bedingungen in die Produktionsketten des Westens und Ostens saugt, sondern auch, weil Streaming, Gaming und KI-Anwendungen so viel CO2-Ausstoß durch Stromverbrauch, insbesondere die Kühlung von Serverfarmen produzieren wie eine kleine Nation. Wir verständigen uns über die globale Klimakatastrophe in Medien. Diskurse, wissenschaftliche Erkenntnisse, Imaginationen - von Berichterstattung über Katastrophenfilme bis zur Vernetzung von Aktivist*innen sind Medien Teile der "Milieus", die verhandeln und mitproduzieren, was mit 'dem Klima' geschen soll (und noch geschehen kann). Jede Form, über Klima und Medien zu sprechen, folgt bereits einem Narrativ, einer Zeitvorstellung, einem Fortschrittsdenken oder Endzeitbildern. Und: Das Klima hat mit den Medien nichts zu tun. Egal, was Menschen in Medien reflektieren, darstellen, kommunizieren, die Erderwärmung wird dadurch nicht gebremst. Das Seminar lotet die Thematik in vier Teilen aus: 1. Theoretische Grundbegriffe (Anthropozän; Umwelt oder "Milieu"; Externalisierung, Postwachstum und imperiale Lebensweise; ökologischer Fussabdruck von Medien und "Ökolonialität", "Petromasculinity"), 2. Wissenschaftsbilder, Affekte und Narrative, 3. Proteste – Bewegungen – Berichterstattung – Rhetoriken – Bilderproduktion, 4. Filme, Imaginationen, grüne Filmproduktion.
Mit einem einem Screening von "Farewell Recording for a viewer of an unknown time and place" und Gespräch mit der Regisseurin Rita Macedo am 19.12.2024 (Ort: Filmstudio) sowie einem Gastvortrag von Judith Keilbach, Universität Utrecht, zu "Greening Film Productions" am 16.01.2024.
Eigentum, Copyright und Commoning
MA-Seminar
di 15.00 - 16.30 h
"Information wants to be free" war eine Maxime der Free Software-Bewegung der 1970er und 1980er Jahre. Das freie Teilen digitaler Güter erschütterte die Eigentumslogiken der Gutenberg-Galaxis, in der etabliert wurde, wie Gedanken oder Texte Eigentum sein können. Das Seminar verfolgt Stationen dieser Mediengeschichte, die Unterscheidung von property und ownership, Naturrecht und Piraten, Copyright und Copyleft sowie Umbrüche im Urheberrecht und in "cultural property"-Regelungen und untersucht Konzepte von commons und commoning mit Blick auf aktuelle Medienkulturen.
Mit einem Gastvortrag von Theresia Bäcker: Eigentum, Copyright, Urheberrecht? Zum juristischen Hintergrund des digitalen Habens und Besitzen, 30.1.2024.
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Sommersemester 2023
1. BA-Seminar Queerfeministische Medientheorie
Mo. 15.00-16.30 h (Raum 312, Start: 17.4.23)
Gender und Queer Studies waren immer schon feministisch und mit Aktivismus und Popkultur eng verbunden. In den letzten Jahren sind diese Verbindungen aus mehreren Gründen wieder in den Fokus gerückt: Soziale Bewegungen vernetzen sich auf Social Media, intersektionale Kritik und die Frage nach race und gender werden zentral, die mediale Repräsentation minorisierter Gruppen ist ebenso verstärkt wie umstritten, nichtbinäre Menschen und neue Männlichkeiten sind ebenso Thema wie klischeehafte Frauenbilder. Das Seminar verbindet Grundlagentexte mit der Diskussion neuer Entwicklungen, die dazugehörige Übung untersucht Filme und anderes Material.
Eingeladen wird zudem zu einem Vortrag zu den iranischen Protesten von Azadeh Ganjeh, "ZhinaRevolution: Anonymous activism and mobile phone videos" am Di., 23.5.2023, 16.45 h, Aula der HBK.
2. BA-Übung Queerfeminismus
Mo 16.45 - 18.15 h (Raum 312, Start: 17.4.23)
Die Übung "Queerfeminismus" schließt an das Seminar "Queerfeministische Theorien" an und analysiert teilweise historisches, vor allem aber aktuelles Material aus der Medien- und Popkultur.
Mit einem Besuch von Vika Kirchenbauer am 26.6.2023.
3. MA-Seminar Dokumentarismus
Di. 11.30 - 13.00 h (Raum 312, Start 18.4.23)
Medien, die etwas dokumentieren, können Beweischarakter für sich in Anspruch nehmen, eine mediale Zeugenschaft behaupten, visuelle Evidenz produzieren, Blickpunkte für die Nachwelt bewahren. Ihre Bilder, Töne und Zeichen sind unter bestimmten Bedingungen objektiv, authentisch, realistisch. Was sind das für Bedingungen, welche Rolle spielen einzelne Technologien und die jeweiligen Zuschreibungen an sie für ihren dokumentarischen Status? Es sind nicht allein die jeweils neuesten, 'realistischsten' Techniken, die eine Echtheit des Dokuments garantieren, sondern es sind Verhandlungsprozesse in Gefügen von Menschen, Apparaten und Imaginationen. Was dokumentarisch ist, entscheidet sich immer wieder neu, in Medienverbünden und crossmedialen Plausibilisierungsketten, zum Beispiel in Gegen\Dokumentationen, Docupics, war documenting projects, Sensory Ethnography oder forensischen Methoden.
Eingeladen wird zudem zum Vortrag von Azadeh Ganjeh, "ZhinaRevolution: Anonymous activism and mobile phone videos" am Di., 23.5.2023, 16.45 h, Aula.
4. BA-Seminar Flucht und Migration
Di 16.45 - 18.15 h (Raum 312, Start 18.4.23)
Medien dokumentieren und begleiten Migrationswege, sie kreieren Bilder, Imaginationen und Klischees. Sie projizieren Wege – und sie ermöglichen sie, sowohl logistisch als auch im Sinne des Denkbaren. Für die Planung von Schritt zu Schritt, das gilt für die legalen wie für die illegalisierten Migrationen, ermöglichen Medien die nötigen Kommunikations- und Infrastrukturen, die "mobile commons". Gewollt oder ungewollt zeichnen sie die Dramatik und auch tödliche Bedrohungen mit, die die Routen begleiten können. Migration ist aber nicht nur etwas, das "immer schon dagewesen" ist; erzwungen und ungeplant begeben sich immer mehr Menschen auf die Flucht. Medien der Überwachung und Grenzkontrolle konstituieren erwünschte und unerwünschte Körper. Dokumentationen, Spielfilme, multimediale Rekonstruktionen oder Handyvideos verhandeln Wege und die Frage nach einer post_migrantischen Ankommenskultur.
Mit Gastvorträgen von:
Azadeh Ganjeh, "ZhinaRevolution: Anonymous activism and mobile phone videos" am 23.5.2023, Aula der HBK
Nanna Heidenreich, "Spektakel und Möglichkeitsraum. Kunst und der lange Sommer der Migration" am 30.5.2023, Raum 312
5. MA-Seminar Datenkritik
Mi 13.15 -14.45 h (Raum 312, Start 12.4.23)
Digitale Technologien sind schnell, sie sind immer schneller Grundbestandteil der Kulturen des Globalen Nordens, der Subjektivierungen und Wissenspraktiken. Das Seminar gibt einen Überblick über aktuelle Versuche, ihre Phänomene und Probleme theoretisch zu fassen: Demokratie und Plattformkritik, Bubbles und Hashtag activism, Private Daten, "Antisocial Media" und TikTok languages, visuelle Kulturen und Drohnenbilder, Care und Hate cultures, immaterielle Arbeit und Googlization, Silkonmythen und Surveillance, "datafication", KI und ChatGPT, und der Einsatz digitaler Medien etwa im russischen Krieg gegen die Ukraine. Zur Debatte steht in allen Bereichen nicht nur das Verhältnis von individueller Selbstbestimmung und Autonomieverlust, sondern auch die Frage nach den neuen kollektiven Un/Gleichheiten.
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Sommer 2022
Abilities – Technologien und Teilhabe
Mo., 13.15h , BA-Seminar, Raum 320 b
Behinderung und Medien hängen nicht nur dort zusammen, wo Film und Fernsehen bestimmte Körperbilder zeigen. Abweichende Sinneswahrnehmungen oder Körperfunktionen dienten historisch der Bestimmung, was ein Mensch, ein Subjekt, ein Freak sei. Disability Studies unterscheiden zwischen impairment und disability, untersuchen mit Foucault herrschende Normalismusstrategien und zeigen Formen des Ableismus auf. Wie steht es um die Figur des Super Crip, um Vulnerablität und Teilsouveränität als allgemeine Bedingungen, wie ändern sich Serienformate (wie in 1meter20) und eigene Kanäle von Aktivist:innen, Künstler:innen, Medienmacher:innen? Welchen Einsatz haben digitale Technologien für Zugang, Teilhabe und mediale Diversität für ein "Critical Participatory Design"?
Abilities - A Gathering in A Better World
Mo., 13.15h , BA-Übung, Raum 320 b, Beginn: zweite Semesterwoche
Die Übung entwickelt kleine Formen der Berichterstattung rund um den Workshop "A Gathering in A Better World" - Ein intersektionales Austauschprojekt von und mit Künstler*innen mit Behinderung des Festivals Theaterformen, etwa Podcasts oder verschiedene Formate auf Social Media Kanälen. Sie beginnt mit einem HBK-Workshop mit Judyta Smykowski von Leidmedien Berlin zur medialen Repräsentation Behinderter, eigenen Wahrnehmungs- und Ausdrucksweisen und zur Barrierefreiheit in Social Media (16.5.2022). Die eigenen Texte und Postings begleiten den Workshop im Vorfeld und währenddessen und werden in der Abschlussitzung noch einmal gesammelt präsentiert.
Termine: 2.5.22; Pressekonferenz am Do., 5.5.22 um 10.30 h im Staatstheater BS; 16.5.22 Workshop mit Judyta Smykowski; 20.6.22; 27.6.22, "A Gathering in a Better World" findet statt vom 7.-10.7.2022; 18.7.2022.
Übung und Theaterformen-Workshop in Kooperation mit Prof. Dr. Elise von Bernstorff.
Die entstandenen Podcasts sind zu finden auf der Mewi-Webseite "Aktuelles": https://www.hbk-bs.de/institute/medienwissenschaft/studentische-projekte/
Grundlagentexte der Medientheorie
Di. 15.00 h, BA-Seminar
Das Seminar diskutiert eine Auswahl aus zentralen Grundlagentexten der Medientheorie in Close Readings in kleinen Gruppen. Ziel der Veranstaltung ist wengier ein Überblick über die Geschichte der Medientheorie als eine intensive Auseinandersetzung mit einzelnen Positionen – nach Ihrer Auswahl zur Kulturindustrie, Reproduktion oder Performativität, zum De/Kodieren, TV-Flow, dem oppositionellen Blick oder Dispositiv, zu Blick und Auge, Medienereignissen oder Cyborgs.
Intimität
Di., 11.30 h, MA-Seminar, Raum 312
Wenn Medien Vermittler sind, zwischen Sender und Empfänger, den Wahrnehmenden und der Welt stehen, wie stellen sie dann Nähe her, den Eindruck von Echtheit, von Berührtwerden? Im Seminar geht es nicht nur um die Codes von Realness oder die Konstruktion von Authentizität. Es folgt vielmehr der These, dass es keine Privatheit ohne mediatisierte Räume gab, und fragt nach den entsprechenden Konstellationen für Intimität. Das Tagebuch und die Briefkultur der Romantik, die besondere Rolle der Stimme, von Haptik und touch sind mediengeschichtliche Stationen, die zusammen mit Affekttheorien den Horizont für neue Forschungen zu "mediatized intimacy", "intimate publics", "networked intimacy", "intimate computing" oder "social media intimacy" bilden.
Teil des Seminars bildet der Workshop "Intim(id)ate Affects" am 16.6.2022, 10-18.30 h in der Aula, Vortragsgäste: Anja Breljak, Vanessa Oberin, Andrea Seier, Anja Sunhyun Michaelsen (in Kooperation mit Irina Raskin und Franzi Wagner)
Programm und Abstracts: https://www.hbk-bs.de/aktuelles/veranstaltungen/veranstaltungen-detailseite/intimidate-affects/
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WS 2021/2022
Automaten, Roboter, KI
Mo. 13.15-14.45 h
BA Basis Medientheorie/-geschichte
Was Menschen können, können auch unbelebte Maschinen - mechanische Arbeit, Musik oder Rechnen, das Aufzeichnen und Beobachten, und zuletzt auch das autonome Lernen. Menschliche Fähigkeiten werden ausgelagert, und das heißt gleichzeitig, dass die Krone der Schöpfung über ihre Artefakte wie über Diener verfügt, und dass die menschliche Einzigartigkeit wackelt, und dass uns etwas Eigenes, Inneres unheimlich entgegenkommt... Für diese Figurationen werden seit Jahrhunderten personifizierte Figuren und Narrative erfunden, die als Automaten und Androide, als Roboter und Cyborg-Mischformen, in abstrakten Intelligenzen mit beliebig wählbarer äußerer Hülle verhandeln, was unheimlich oder begehrenswert ist. Die Doppelgänger, Monster, Spiegelungen, Knechte oder neuen Herrscher zeigen aber auch, wie mechanisch, automatisch, technoid der Mensch selbst ist, wie mechanisch seine Reize und sein Denken, wie programmiert sein Verhalten und auch seine Gefühle. Auf die mechanistischen, auch von Dampfmaschine, Fließbandproduktionen, fotorealistischen Bildmedien, kybernetischen, entfesselten Atommutationen oder oder Gentechnik/dem Klonen inspirierten Figuren folgten immer menschenähnlichere künstliche Wesen. Aber die in die Technologien veräußerten Fähigkeiten benötigen immer weniger eine humanoide Form. Im 20. Jahrhundert werden die digitalen Formen fließend, und die Künstlichen Intelligenzen des 21. Jahrhunderts brauchen keine eigenen Formen mehr, um wirksam zu werden - im Gegenteil, sie werden nur noch verkörpert, um sie nicht ganz in die Autonomie zu entlassen. Dabei sollen sie nicht zu sehr Menschen gleichen, ein "uncanny valley" soll vermieden und eine deutliche Erkennbarkeit der künstlichen Wesen garantiert werden. Nach einem Blick in das "Goldene Zeitalter der Automaten" beschäftigt sich das Seminar mit theoretischen Texten und filmischen Visualisierungen dieser Figuren.
Mit einem Gastbeitrag von Corinna Bath zu KI-Geschichte und Diskriminierungsfragen am 24.1.2022.
Leni Riefenstahl und faschistische Ästhetik
Mo. 16.45-8.15 h
BA Vertiefung Mediengeschichte
Was kennzeichnet die Bildsprachen des Faschismus? Wie hat der deutsche Nationalsozialismus an Natürlichkeitsvorstellungen, Körperkultur und Ordnungsphantasien angeknüpft, um Ideale von Reinrassigkeit und Herrschaft zu visualisieren? Insbesondere die Filme von Leni Riefenstahl sind für diese Fragen heiß diskutiert worden. Der Bergfilm, der Tanz, das Sportfest standen ihren NS-Parteitagsverfilmungen Pate (1933/34). Wir betrachten ihre Naturbilder, Magie und Heroismus in "Das Blaue Licht" (1932), die überhöhten Körper und technischen Innovationen in "Olympia" (1938) und das 'Volkstum' in "Tiefland" (1954), den NS-Musicalfilm und Marikka Rökk ("Wir tanzen um die Welt" 1939) und die us-amerikanischen Revuen und deren Zitate militärischer Formationen, die Hitler-Fotografie Heinrich Hoffmanns, die NS-Architektur- und Stadtgeschichte Braunschweigs mit der Historikerin Wiebke Johannsen und abschließend die digitalen Medienstrategien der Neuen Rechten mit Gastvorträgen von Jasmin Degeling und Mary Shnayien am 31.1.2022.
Einführung in die Postcolonial Media Studies
MA Medientheorie und-geschichte, Seminar und Übung
Di. 13:15-14:45 SE und 15:00-16:30 UE
Medien, unsere Kolonialgeschichte und die Kolonialität unserer Gegenwart sind eng verwoben. Zuletzt erinnern Black Lives Matter oder gestürzte Statuen daran, vor welchem Hintergrund die europäischen Metropolen aufgebaut wurden. Aber was bedeutet diese Geschichte für die Medienwissenschaft? Medien waren nicht nur zentral für die Planung und Durchführung kolonisierender Missionen, in der Wissensproduktion über "die Anderen", oder in der Kommunikation der imaginären Erzählungen, die die Schätze der Neuen Welt oder unseren "Platz an der Sonne" begleiteten. Die Einführung in die klassischen Texte der Postcolonial Studies umfasst Konzepte der "double consciousness" oder der "Subalternen"; sie wirft ebenso einen Blick auf die "Buschtrommel" bei McLuhan und anderer Relektüren unseres Kanons. Die post_kolonialen Medientheorien gehen davon aus, dass unsere Konzepte bis in Philosophien zurückgreifen, die in kolonialen Hochzeiten verfasst wurden und die Ausbeutungsverhältnisse ihrer Zeit ausblendeten oder legitimierten - mit Folgen für Medienkonzepte bis heute. Daher fragen sie nach Wurzeln der Medienwissenschaft in Vorstellungen von Dokumentation und Magie, von Natürlichkeit und Ursprünglichkeit, Originalität oder Nachahmung, nach Subjektivierungsweisen, Minorisierungen, rassistischen Formeln und nach medialen Normierungen des Weißseins – bis ins digitale Zeitalter.
Mit Gastbeiträgen von Regina Sarreiter zum Braunschweiger Kolonialdenkmal am 25.1.2022 und Vertreterinnen des AKs Kanonkritik aus dem Forum Antirassismus Medienwissenschaft am 8.2.2022.
In der Übung zur "Einführung in die Postcolonial Media Studies" geht es um die Analyse visuellen Materials, sowohl von Dokumentationen zum Thema Othering im Film als auch um narrative und essayistische sowie digitale und massenmediale Formate.
Wege zur BA-/MA-Arbeit
Mi 9.45-11.15 h
Im Kolloquium werden die medienkulturwissenschaftlichen BA- und MA-Arbeiten vorgestellt und gemeinsam diskutiert, die im Wintersemester geschrieben oder begonnen werden. Arbeiten mit Schwerpunkten in Kommunikationswissenschaft und Nachrichtentechnik werden im Kolloquium an der TU besprochen.
Termine: 10.11.2021, 24.11.2021, 08.12.2021, 12.01.2022, 19.01.2022, 26.01.2022, 02.02.2022.
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Sommer 2021
BA-Seminar: Kinosaurier. Wissenschaft – Film – Ausstellung
Mo. 13.15 - 14.45 h
Dinosaurier sind gewaltige Projektionsflächen: Zeugen einer urzeitlichen Geschichte, popkulturelle Ikonen, Demonstrationsobjekte neuer Kinotechnologien im nostalgischen Bezug, Dokumente der Wissenschaftsgeschichte, Objekte in Naturkundemuseen, Themenparks und umkämpften Ausgrabungsstätten. Was verbindet diese Bildsorten, und was spielt sich in den Visualisierungen dieser Wissensformen ab? Die Faszination für die unmögliche Begegnung mit einer ausgestorbenen Spezies entstand in Zeiten kolonialer Landnahme (noch in der "Dinomanie" der USA im 19. Jahrhundert) und setzt sich fort unter Vorzeichen von Gentechnik, Umweltzerstörung und Paradiesvorstellungen – sie bedient sich dazu bei den jeweils neuesten Animationstechniken. Verhandelt wird das Überleben zwischen tierischen, menschlichen und technologischen Parametern.
Die Ausstellung "Kinosaurier - zwischen Fantasie und Forschung" im Landesmuseum Hannover (https://www.landesmuseum-hannover.de/ausstellungen/kinosaurier/) präsentiert paläontologische und filmhistorische Funde und untersucht ihre Analogien. Wenn es pandemiebedingt möglich ist, umfasst das Seminar eine Führung durch die Ausstellung.
MA-Seminar: Ästhetik und Politik
Mo. 16.45 - 18.15 h
Die Idee, dass etwas 'Schönes' sich gerade durch seine Distanz zum gesellschaftlichen Leben auszeichne, hat oft einer Funktionalisierung von Kunst gedient. Vorstellungen von Kreativität als einer Ressource auch für die Lohnarbeit dienen dazu, Subjektivität als Teil der Erwerbstätigkeit zu sehen. Das Seminar untersucht die Ansätze, in denen diese behauptete Gegenüberstellung neu gefasst und bearbeitet wird. Von Ökonomisierungen, Autonomie, Unfreiheit und ihren Lücken handeln Texte der politischen Philosophie, der Mediengouvernementalität und kreativen Arbeit in der "Projektpolis". Die Kritik an der Verwertung von Kreativität und die Kritik an einer Ökonomisierung des Selbst in Medien haben einiges gemeinsam und betreffen gleichermaßen die prosumers von Medien, von Kultur und Kunst – Freiräume gibt es nur mit neuen "Aufteilungen des Sinnlichen". Politische Aktionen im öffentlichen Raum sind von Kunstaktionen und Aktionen durch, mittels und für Medien oft nicht mehr zu unterscheiden.
BA-Übung: Fotografie: Theorie und Kritik
Di. 15.00 - 18.15 h, vierzehntägig, Termine: 13.4.2021, 27.4.2021, 11.5.2021, 25.5.2021, 8.6.2021, 22.6.2021, 6.7.2021
Als Fotografie analog und neu war, galt sie als die realistischste und oft zugleich gespensterhafteste Bildtechnik. Frühe Rezeptionsmotive drehen sich um die 'gefrorene Zeit', Lebendigkeit und Authentizität, bis sich Ideen des Optisch Unbewussten, des erweiterten Sehens oder des perfekten Moments in Theorien des Dokumentarischen, der Zeugenschaft oder von studium und punctum weiter entwickelten; in der digitalen Fotografie stehen einige davon wieder neu zur Debatte. Die Übung untersucht, wie solche theoretischen Ansätze Eingang in Interpretationen von einzelnen Fotografien nehmen können. Teilnahmebedingung ist die Bereitschaft, in der zweiten Semesterhälfte eine eigene Interpretation einer Fotografie zu teilen und die der anderen mitzudiskutieren.
MA-Seminar: Eigentum. Mediale und phantom possessions
Di. 15.00 - 18.15 h, vierzehntägig; Termine: 20.4.2021, 4.5.2021, 18.5.2021, 1.6.2021, 15.6..2021, 29.6.2021, 13.7.2021
Was ist einem eigen? Gibt es ein Naturrecht auf Besitz? Nach Buchdruck und Urheberrecht bestimmte die europäische Aufklärung, dass nicht jede und jeder etwas besitzen könne – man muss sich zunächst selbst besitzen, und das trifft für weite Teile der Bevölkerung nicht zu (vielmehr können auch diese zum Besitz werden: Leibeigene, Versklavte, Frauen u.a.). Die Unterscheidung von Eigentum und Besitz verkompliziert sich beim intellektuellen Eigentum. Ist es möglich, eine Idee zu besitzen? Und wem gehört eine Kultur? Im globalen Norden fühlen sich digitale Kopien von allem Möglichen weitgehend normal an. Machtgefälle zwischen armen und reichen Kontinenten erfordern aber unterschiedliche Bewertungen von kulturellen und medialen Aneignungen in der einen oder anderen Richtung. Stand die Idee der 'Gabe' dem frühen Internet noch Pate – und bleibt in Projekten wie Wikipedia bestehen –, so wurde bald zwischen 'guten und schlechten digitalen Piraten' unterschieden. Nach Copyleft, Cultural hacking und Postcolonial piracy diskutiert das Seminar Fair Use und Commons. Subjektivität ist mit Besitz verflochten und Subjekte nicht selten von ihrer Verfügungsgewalt besessen; ein "unlearning property" müsste die Affekte und "phantom possessions" (Eva von Redecker) angehen.
Kolloquium für BA- und MA-Arbeiten
Mi. 9.45 - 11.15 h, Termine: 21.4.2021, 5.5.2021, 19.5.2021, 2.6.2021, 16.6.2021, 30.6.2021, 14.7.2021
Im Kolloquium werden die medienkulturwissenschaftlichen BA- und MA-Arbeiten vorgestellt und gemeinsam diskutiert, die im Sommersemester geschrieben oder begonnen werden. Arbeiten mit Schwerpunkten in Kommunikationswissenschaft und Nachrichtentechnik werden im Kolloqium an der TU besprochen.
WS 2020/2019
BA-Seminar - Grundfragen der Medientheorie
Mo 13:15-14:45 h, ab 19.10.2020, am 19.10.2020 in der Aula, dann online
In diesem textbasierten Seminar geht es um "Klassiker der Medientheorie": Um die Aura und die Höhle, die Technisierung in der "Dialektik der Aufklärung", um Magische Kanäle und Rhizome, on und off screen, Kodieren und Dekodieren, Actor Networks, Dromologie und Performativität... Im Zuge von "Kontrollgesellschaften" und "Selbsttechnologien" betrachten wir schließlich noch digitale Wendungen in Modellen von Affekten, Überwachung und "quantified selves".
MA-Seminar - Corona-Narrative
Mo 16:30 - 18:00 h, ab 19.10.2020 - Raum 21/007 - dann online
Das Seminar umfasst die Medienanalyse von Bildsprachen und Rhetoriken rund um die Pandemie sowie Versuche größerer theoretischer Einordnungen. Wir beschäftigen uns mit der Analyse von Fernsehberichterstattung, der Darstellung von Wissenschaft, Visualisierungweisen von Medizinischem und von Unsichtbarem, Heroisierungen und Verschwörungstheorien; theoretische Einbettungen adressieren Perspektiven der planetarischen Ökologie (das Leben mit Tieren, das Töten von Tieren), der Verwundbarkeit in Bezug auf class, race und gender, Fragen nach Solidarität oder Abschottung sowie Politiken von "Care". TV-Aufzeichnungen sowie Pressematerial und Texte werden bereitgestellt und können ggf. aktuell ergänzt werden.
Mit einem Vortrag von Katrin Köppert, Between hesitancy and humor. Pandemie queerdenken, am 26.1.2021.
BA-Seminar - Medien der Migration
Di 13.15 - 16.30 h, 14tgl., Beginn: Zweite Semesterwoche, 27.10.2020, R 21/007 - dann online
Medien dokumentieren und begleiten Migrationswege, sie kreieren Bilder, Imaginationen und Klischees. Sie projizieren Wege – und sie ermöglichen sie, sowohl logistisch als auch im Sinne des Denkbaren. Für die Planung von Schritt zu Schritt, das gilt für die legalen wie für die illegalisierten Migrationen, ermöglichen Medien die nötigen Kommunikations- und Infrastrukturen. Gewollt oder ungewollt zeichnen sie die Dramatik und auch tödliche Bedrohungen mit, die die Routen begleiten können. Als Medien der Überwachung und Grenzkontrolle konstituieren sie erwünschte und unerwünschte Körper. Dokumentationen, Spielfilme, multimediale Rekonstruktionen oder Handyvideos verhandeln Fragen von Integration, Sehnsucht und Zugehörigkeit.
Gastvortrag von Fabienne Brozio und Lisa Groß: Seenotrettung. Mare Liberum und das Alarmphone Watch the Med, 8.12.2020.
MA-Seminar - Nichtbinäres Kino
Di 13.15-16.30h, 14tgl., Beginn: Erste Semesterwoche, 21.10.2020, R 21/007 - dann online
Man kann es lesen wie eine Erfolgsgeschichte: Es gibt seit Jahren eine steigende Repräsentation von queeren Figuren in Film- und Fernsehformaten. Eine Studie für das Jahr 2019 zählte rund 10% LGTBI-Charaktere im US-Fernsehen (LGTBI: lesbian, gay, trans, bisexual, intersex). Viele Dinge geschehen gleichzeitig: Die Charaktere werden fluider, die sexuelle Identität muss nicht mehr im Drama enden oder auch nur im Mittelpunkt der Story stehen; Diskussionen fragen, ob Sichtbarkeit immer die beste Strategie ist; Hassverbrechen gegen LGBTI nehmen zu; Politik und gesellschaftliche Entwicklungen gehen nicht Hand in Hand... In dieser Gemengelage bewegen sich aktuelle Kinoproduktionen, in denen binäre Rollenzuweisungen in immer neuen Weisen in Frage gestellt werden. Gender steht neu im Mittelpunkt – oder überlagert sich mit anderen Identitätsleveln.
An die Stelle der zunächst geplanten Exkursionstage zum Queer Filmfestival Hamburg werden wir ausgewählte Filme des Festivalprogramms online ansehen, diese und weitere Filme und Texte diskutieren.
Mit einem Gastvortrag von Evan Romero, For the Record: A Queer History of Hip Hop, am 15.12.2020.
Kolloquium für BA- und MA-Arbeiten
Mi 9.45-11.15 h, 14tgl.
Im Kolloquium werden die medienkulturwissenschaftlichen BA- und MA-Arbeiten vorgestellt und gemeinsam diskutiert, die im Wintersemester geschrieben oder begonnen werden. Arbeiten mit Schwerpunkten in Kommunikationswissenschaft, Nachrichtentechnik werden im Kolloqium an der TU besprochen. Termine: 28.10.2020, 18.11.2020, 2.12.2020, 16.12.2020, 13.1.2021, 27.1.2021, 10.2.2021
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Im Sommersemester 2020 nehme ich ein Fellowship am Forschungscluster "Africa Multiple: Reconfiguring African Studies" der Universität Bayreuth wahr.
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WS 2019/2020
Protestkulturen
BA-Seminar, mi 16.45 h, R 320b
"Demonstrare" verbindet das lateinische Zeigen mit dem Monster – und dem Mahnen. Verstärkt mit dem Entstehen eines öffentlichen Raums im 19. Jahrhundert können Demonstrationen neue Sichtbarkeiten auch da schaffen, wo es vorher keine Rechte, Äußerungsmöglichkeiten und Bilder gab. Neue Artikulationsformen kritisieren den Status Quo und verweisen auf ein gegenwärtiges utopisches Potenzial, sie sind kollektiv, und sie sind nicht ohne Medien. Oft heißt es, ohne die Sozialen Medien wäre der Arabische Frühling nicht denkbar gewesen. Andere betonen, dass es die körperliche Präsenz auf den Straßen gewesen sei, die die Proteste in Athen, Istanbul oder Madrid (um 2011) ausmachten und die "Gezi Park", "Syntagmaplatz" oder "Placa del Sol" zu ikonischen Orten werden ließen. Über die bloße Kommunikationsfunktion hinaus waren Medien schon immer konstitutiv für soziale Bewegungen - denn wie werden sich viele einzelne Leute dessen bewusst, dass sie zusammen eine Menge sein können, wenn nicht durch Bilder? Welche Strategien entstanden in Subkulturen, um nichthegemoniale Subjekte zu versammeln? Neben einem spezifischen Einsatz von Medien wie Fotografie und Film/Video sind eigene Formen wie Graffiti, Transparente oder Occupys "Human Mic" entstanden; Taktiken der Umschreibung offizieller Kanäle wie im Billboard Jamming der Kommunikationsguerilla machten sich Mainstream-Ästhetiken zunutze. Grenzen zwischen künstlerischen Aktionen und politischer Performance werden unscharf. Praktiken der Sousveillance wenden Überwachungstechnologien gegen die undemokratischen Zentren des Überwachens. Nun bedient sich auch die politische Rechte immer mehr der ehemals emanzipatorisch genutzten Strategien.
Das Seminar geht von historischen Formen aus, liest Texte aus der politischen Philosophie und betrachtet dann eine Vielzahl von Beispielen aus den letzten Jahren.
Mit einem Gastvortrag von Ayse Batur und Özge Celikaslan: Tactical media and memory politics in the Gezi Park Protests, 18.12.2019.
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Doing Space, Doing Gender. Mediale Kategorien
BA Übung, di 18.15 h, wöchentlich, verschiedene Räume: Fünf Termine in der Aula (Start um 18.30 h, s.u.), ein Filmscreening im Filmstudio, die anderen Termine in Raum 01/320b
Raum ist eine Grundkategorie für das Wahrnehmen und das Denken: Wir können uns nichts vorstellen und nichts sehen, was nicht im Raum ist oder sich im Raum abspielen kann - Raum ist wie eine Möglichkeitsbedingung von allem. Das lehrt die westliche Philosophie, für die Raum wie auch Zeit Kategorien a priori sind. Das Konzept des Doing Space geht nun davon aus, dass diese Vorgängigkeit selbst nur denkbar ist als sozial produzierte: Raum ist, wo wir uns darauf geeinigt haben, wo etwas passiert, wo wir uns treffen, wo etwas gewesen ist... wo Raum nicht in diesem Sinne gemacht ist, können wir nicht von Raum sprechen. Und ist nicht auch Gender hervorgebracht, ein soziales Konstrukt, jedenfalls nicht einfach die nachträgliche Markierung einer vorgängigen materiellen Gegebenheit? Wie überlagern sich Doing Space und Doing Gender?
Das wollen wir im Wintersemester aus verschiedenen disziplinären Perspektiven betrachten. Hier kann es darum gehen, wie Menschen verschiedener Geschlechter Raum produzieren, welche Räume Männern, Frauen und anderen zugeschrieben werden, wie Orte und Geschlechter sich gegenseitig zu programmieren scheinen – oder sich umprogrammieren. Es kann darum gehen, wie Bilder und andere Medien Räume produzieren, die es vorher nicht gab, um weitere Wege aufzuzeigen; der Film eröffnet eigene Räume, andere Künste erfinden vielleicht nochmals andere. Was natürlich ist, steht immer zur Debatte.
Das Kooperationsseminar mit Beiträgen aus Medien- und Kunstwissenschaft (HBK) und der Stadt- und Architekturforschung (TU) umfasst fünf gemeinsame Vortragsabende und ein Filmscreening, zu denen sich fünf Seminare treffen (MA Medienwissenschaft/Heike Klippel, BA Medienwissenschaft/Ulrike Bergermann, MA Kunstwissenschaft/Viktoria von Flemming, BA Kunstwissenschaft/Susanne Holschbach, Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt/Tatjana Schneider). Über die sechs gemeinsamen Termine hinaus trifft sich jedes Seminar getrennt zu eigenen Sitzungen.
Termine und Gäste:
5.11.2019, 18.30 h, Annette Brauerhoch: Filmräume, Erinnerungsräume: Das Haus der Familie
19.11.2019, 18.30 h, Ines Schaber: DEAR JADWA — Fotografie im Kontext von Geschichtsschreibung und subjugiertem Wissen
3.12.2019, 18.30 h, Nanna Heidenreich: Einschluss / Ausschluss: Migration und Geschlecht
7.1.2020 - Achtung: FILMSTUDIO! - LOVEMOBIL, Regie und Buch: Elke Margarete Lehrenkrauss, D 2019, 103 min., im Anschluss ein Gespräch mit der Regisseurin, Moderation: Christian Raupach (TV38)
14.1.2020, 18.30 h, Torsten Lange / Gabrielle Schaad: Safe Spaces? Queere Zeit- und Räumlichkeiten in Wu Tsangs Film „Wildness“ (2012)
28.1.2020, 18.30 h, Kristin Marek, Un/Doing Repräsentation. Gender und Raum in Natascha Süder Happelmanns „Ankersentrum“
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Black Lives - Schwarze Menschen in Deutschland. Anton Wilhelm Amo bis AFROTAK TV CyberNomads
MA-Seminar, mi 13.15 h, R 312
Anton Wilhelm Amo, der erste Schwarze Philosoph Deutschlands, wurde als Kind in Ghana verschleppt und Anfang des 18. Jahrhunderts am Hof Herzog Anton Ulrichs in Braunschweig erzogen. Seine Werke werden erst seit wenigen Jahren wieder gelesen; im März 2020 wird der Kunstverein Braunschweig zusammen mit Bonaventure Ndikung eine Ausstellung und Veranstaltungen rund um Amo präsentieren. Das Seminar fragt im Vorfeld nach den Bildern von Amo, aber auch nach der langen Geschichte der Repräsentation, der Stereotypisierungen und der Selbstdarstellungen Schwarzer Menschen in Deutschland – in der Zeit, in der es noch nicht "Deutschland" hieß, über das Kaiserreich und koloniale Schemata, in Filmgeschichten des 20. Jahrhunderts und in Strategien der Selbstbehauptung in afrodeutscher Kultur- und Mediengeschichte.
Mit einem Gastvortrag von Prof. Dr. Susan Arndt, Universität Bayreuth: Rassismus, Erinnerung und die deutsche Aufklärung. Immanuel Kant vs. Anton Wilhelm Amo, am 27.11.2019; die Gruppe "Amo – Braunschweig postkolonial" stellt ihre Arbeit am 5.2.2020 vor.
Dokumentarismus
MA-Seminar, di 13.15 h, R 312
Medien, die etwas dokumentieren, können Beweischarakter für sich in Anspruch nehmen, eine mediale Zeugenschaft behaupten, visuelle Evidenz produzieren, Blickpunkte für die Nachwelt bewahren. Ihre Bilder, Töne und Zeichen sind unter bestimmten Bedingungen objektiv, authentisch, realistisch. Was sind das für Bedingungen, welche Rolle spielen einzelne Technologien und die jeweiligen Zuschreibungen an sie für ihren dokumentarischen Status? Es sind nicht allein die jeweils neuesten, 'realistischsten' Techniken, die eine Echtheit des Dokuments garantieren, sondern es sind Verhandlungsprozesse in Gefügen von Menschen, Apparaten und Imaginationen. Was wirklich dokumentarisch ist, entscheidet sich immer wieder neu, in Medienverbünden und hypermedialen Plausibilisierungsketten.
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Sommersemester 2019
Heterotopien und utopische Räume
BA, M4, 13:15 bis 16:30 h, vierstündig, 14tgl., Raum 320b
Heterotopien sind für Foucault keine Utopien, die unmöglichen Räume, sondern die realen "Orte jenseits aller Orte", mythische und tatsächliche Gegenräume, die die normalen Räume in Frage stellen. Wie kann man sie darstellen, wo sie doch anders sein sollen - mit den gleichen medialen Mitteln wie denen der üblichen Räume? Das Seminar untersucht sie in Science Fiction-Raumschiffen und Planeten, in alten Bildern der Computergesteuerten Stadt, im afrofuturistischen Pop und Kurzfilm, in unmöglichen Kameraräumen und VR-Filmen, und endet bei realisierten Utopien, Mondfahrtbildern, angeeigneten (Kunst-)Orten und Simulationsräumen der Forensic Architecture.
Leni Riefenstahl und faschistische Ästhetik
BA, M4, 13:15 bis 16:30 h, vierstündig, 14tgl., Raum 320b
Was kennzeichnet die Bildsprachen des Faschismus? Wie hat der deutsche Nationalsozialismus an Natürlichkeitsvorstellungen, Körperkultur und Ordnungsphantasien angeknüpft, um Ideale von Reinrassigkeit und Herrschaft zu visualisieren? Insbesondere die Filme von Leni Riefenstahl sind für diese Fragen heiß diskutiert worden. Der Bergfilm, der Tanz, das Sportfest standen ihren NS-Parteitagsverfilmungen Pate (1933/34). Wir betrachten Naturbilder und Heroismus von "SOS Eisberg" (1933) und "Das Blaue Licht" (1932), die überhöhten Körper und technischen Innovationen in "Olympia" (1938) und das 'Volkstum' in "Tiefland" (1954), vergleichen den NS-Musicalfilm und Marikka Rökk ("Wir tanzen um die Welt" 1939) mit den us-amerikanischen Revuen und deren Zitaten militärischer Formationen, die Hitler-Fotografie Heinrich Hoffmanns, erkunden die NS-Architektur- und Stadtgeschichte Braunschweigs mit der Historikerin Wiebke Johannsen und untersuchen abschließend die Bildsprachen und Medienstrategien der Neuen Rechten.
Gender Media Trouble
MA, Theorie und Geschichte, di 15.00 h, Raum 312
Kaum haben sich Gender Studies etabliert, sind sie auch schon wieder unter Beschuss, könnte man meinen. Auf der einen Seite wächst die Vielfalt dargestellter Geschlechtsidentitäten stetig an, queere Figuren sind präsenter in Kino, TV und Netflix, und bei der Geburt intersexueller Kinder ist ein dritter Geschlechtseintrag nun auch in Deutschland möglich. Auf der anderen Seite behauptet die extreme Rechte, durch "Gender" seien Familienwerte in Gefahr; diskriminierungsarme Sprache erreicht den Mainstream und wird dort aus Bequemlichkeit lächerlich gemacht, und der Innenminister nimmt dem neuen Geschlechtseintrag alle Freiheiten. #MeToo hat sexuelle Gewalt auch in der Medienbranche zur Sprache gebracht, und der Hass gegen die Vertreter_innen dieser und anderer Kampagnen schlägt sich u.a. in digitalen hate spams nieder... Gender Studies bieten Analyseraster für unsere Medienkultur. Sie arbeiten mit Theorien zur Materialität, zu Körperbildern, zur Konstruktion von Natürlichkeit als gegenderten, sie problematisieren gleichermaßen die implizit geschlechtsbezogenen Philosophien und Erkenntnismodelle wie die explizit klischeehaften Stereotype von Männern und Frauen. Diversifiziert in viele Bereiche wie Trans Studies, intersektionale Studien zu race und gender (und class und ableness), feministische Filmwissenschaft, Gender in STS, von Popdiven bis Schönheitsselbstmanagement in Sozialen Medien, bietet die Breite der Gender Studies den Horizont für Theorielektüren und eine Auswahl aktueller Themen.
Word! Sprache in der Medientheorie
MA, M1, Mi 13.15 h, Raum 312
Sprache ist grundlegend für die Medientheorie, aber selten explizit thematisiert. Wir untersuchen paradigmatische Einsätze von Sprache, zum Abstand zwischen Worten und Dingen; Derridas Phonozentrismuskritik; Mündlichkeit als Marker von Kulturen; Althussers Konzept der "Anrufung"; Materialität und die Rolle der Stimme im Telefon; metaphorische Sprachmodelle in der Filmwissenschaft; Sprache als Repräsentationsmodus auch von gesellschaftlich Subalternen; Sprachverstärkung durch Mikrofon und Radio; Gebärdensprache zwischen Bild und Code; Semiotik; Theorien der Übersetzung... bis hin zum Verfall der politischen Wirksamkeit der Sprache in der Trump-Ära.
- mit ASTA's Choice: Rape culture. "Blame the system, not the victim"
Seminar (495010), Termine: Fr. 10.5.2019, 24.5.19, 14.6.2019, 28.6.2019, jeweils 10-16 h, Aula
AStA's Choice geht in die nächste Runde: Nach einem Semester der Auseinandersetzung mit Körpern und Kunst nehmen wir einige Fäden wieder auf und flechten unser neues Thema rund um die Frage nach dem persönlichen Raum, dessen kulturelles Framing und die eigenen Grenzen. Rape Culture ist eine Kultur, in der sexuelle Gewalt als unsichtbare Norm wirkt - in Form von bewussten oder unbewussten Ein- und Übergriffen. Im Zentrum von AStA's Choice steht dieses Mal die Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Wahrnehmung und (De-)Konstruktion von Personal Space sowie den daraus resultierenden Folgen. Wie nah darf ich jemandem kommen? Wo sind meine Grenzen? Habe ich überhaupt welche? Wie kann ich sie vermitteln? Sind meine Grenzen auf andere Menschen übertragbar? Welche Methoden gibt es, um einen Konsens für das gemeinsame Miteinander zu vereinbaren? Dabei wollen wir auf verschiedene aktuelle wissenschaftliche und mediale Diskurse wie die #metoo-Debatte Bezug nehmen und mithilfe von Gästen verschiedene Standpunkte kennenlernen, um uns selbst positionieren zu können.
Zu Beginn geht es darum, sich als Gruppe kennenzulernen und gemeinsam herauszufinden, welche Interessens-Schwerpunkte im Verlauf des Seminars vertieft werden sollen. Zudem führt Dr. Ulrike Bergermann in eine Auseinandersetzung mit verschiedenen theoretischen Positionen um "rape culture" und "queer space" ein und fragt nach deren Relevanz für das Leben an der Hochschule. Dr. Mithu M. Sanyal ist Kulturwissenschaftlerin, Journalistin und Autorin der Bücher "Vulva" - über die Kulturgeschichte des weiblichen Genitals - und "Vergewaltigung. Aspekte eines Verbrechens", in dem sie schreibt: "Ein Buch über Vergewaltigung ist notgedrungen weniger gut gelaunt, das liegt in der Natur der Sache. Aber [...] schließlich ist es ja auch eine Wiederaneignung: von Denk- und Handlungsoptionen. Denn, davon bin ich überzeugt, die Art, wie wir uns etwas vorstellen, beeinflusst die Art, wie es Macht über uns hat, und sogar die Art, wie es in der Welt ist." Sie wird am 24.05. nach einem Input mit uns darüber ins Gespräch kommen, wie man über Vergewaltigung spricht und nicht spricht. Weiter geht es mit Eroca Nicols, welche als international aktive Künstlerin, Tänzerin und Choreographin, besonders im Bereich der Performance-Kunst eine Gelegenheit bieten wird, die eigenen Kenntnisse in diesem Feld zu erweitern. Im Rahmen der dritten Sitzung stellt sie ihre eigene künstlerische Arbeit vor, in der sie sich mit der weißen Vorherrschaft im Verhältnis zu der verkörperten Handlungsmacht in Tanz und Kampfkunst auseinandersetzt. Zusätzlich gibt es den Wochenendworkshop "Aggressive Snuggling", der am 15. und 16. Juni stattfindet. Bezugnehmend auf die Unterschiede zwischen Contact Improvisation und Brasilianischem Jiu Jutsu wird praktisch erprobt, körperlich zu signalisieren, ob man mit Berührungen einverstanden ist oder nicht.
Abschließend werden wir die vorherigen Sitzungen reflektieren, über das Erfahrene sprechen und Eure Wünsche und Anregungen für das folgende AStAs Choice sammeln. Wir freuen uns auf gute Gespräche und spannenden Input!
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WS 2018/19:
Medien der Ethnologie
MA, Di. 11.30 h, Raum 312
Als Forscher auf die Idee kamen, Menschen in nichteuropäischen Ländern wissenschaftlich zu untersuchen, mussten sie nicht nur in neu zu erfindenden "contact zones" kommunizieren, sondern auch Aufzeichnungen mit alten Mitteln auf neuem Terrain unternehmen. Wie bildet man am besten "fremde Völker" ab? Sind die eigenen Medien adäquat? Wie geht man mit Herrschaftsverhältnissen um, mit Exotismen, der Gewalt der Erfassung? Vielleicht konstruiert man, was man zu finden meint... Ausgehend von Klassikern der Ethnologie und Visuellen Anthropologie in Schrift, Fotografie und im dokumentarischen und experimentellen Film geht es um mediale Selbstbeobachtung, um Objektifizierungen und um Möglichkeiten mimetischer Verfahren.
Literatur zum Einlesen: Cora Bender, Martin Zillinger (Hg.), Handbuch der Medienethnologie, Berlin (Reimer) 2015.
Fotografie - Theorien und Dispositive
BA, Di. 13.15 h, Raum 320b, Beginn zweite Semesterwoche, Termine: acht gemeinsame Termine (23.10., 6.11., 20.11., 4.12., 11.12., 18.12.2018, 8.1.2019, 22.1.2019) sowie gemeinsamer Besuch des Workshops "Manifestationen fotografischer Dispositive" des Graduiertenkollegs "Das fotografische Dispositiv" (16./17.1.2019) mit einer Keynote von Petra Löffler am 15.1.2019: "Bilder verteilen: das fotografische Dyspositiv".
Das "Schreiben mit Licht", Talbots "pencil of nature", revolutionierte im 19. Jahrhundert Konzepte von Evidenz, Authentizität, Autorschaft und Zeugenschaft, es beeinflusste alle anderen Medien und Genres in Wissenschaft, Kultur, Journalismus und den Künsten. Im ersten Teil des Seminars werden die "Klassiker" der Fototheorie rekapituliert, um im zweiten Teil insbesondere Fragen des Dokumentarismus im analogen und digitalen Zeitalter zu untersuchen. Der dritte Teil wirft einen Blick auf digitale fotografische Praktiken.
Literatur zum Einlesen: Peter Geimer, Theorien der Fotografie zur Einführung, Hamburg 2009; Winfried Gerling, Susanne Holschbach, Petra Löffler, Bilder verteilen. Fotografische Praktiken in der digitalen Kultur, Bielefeld 2018.
Handicaps. Medien und Disability
MA, Mi. 11.30 h, Raum 312
Zwei Perspektiven leiten die Diskussionen des Seminars: Erstens die Bedeutung der Geschichte der Sinne und kommunikativen Körper für die Mediengeschichte, und zweitens die Bilder von körperlich Andersbefähigten. Theoretische Voraussetzung ist die Unterscheidung von "disability" und "impairment" im Verständnis davon, was "Behinderung" in unserer Kultur ist - körperlich bedingt, sozial konstruiert, ausgedeutet in politischen und technischen Imaginationen... Nach einer Darstellungsgeschichte des Monströsen verfolgen wir die neueren Umdeutungen und Selbstinszenierungen, das Projekt "Crip Magazine" mit einem Vortrag von Eva Egermann, Wien (19.12.2018), Bilderpolitiken der X-Men, Figuren wie den Super Crip sowie Strategien der paralympischen und anderer fotografischer Repräsentationen mit einer Präsentation der Leidmedien-Redakteurin Judyta Smykowski zur Fotoplattform "Gesellschaftsbilder" (http://gesellschaftsbilder.de): "Tapfer meistert sie ihr Schicksal" - Sprache über Behinderung in den Medien (23.1.2019).
Dinosaurier, Kinosaurier
BA, Mi. 13.15 h, vierzehntägig, vierstündig, Raum 320b, Beginn: zweite Semesterwoche
Dinosaurier sind gewaltige Projektionsflächen: Zeugen einer urzeitlichen Geschichte, popkulturelle Ikonen, Demonstrationsobjekte neuer Kinotechnologien im nostalgischen Bezug, Dokumente der Wissenschaftsgeschichte, Objekte in Naturkundemuseen, Themenparks und umkämpften Ausgrabungsstätten. Was verbindet diese Bildsorten, und was spielt sich in den Visualisierungen dieser Wissensformen ab? Die Faszination für die unmögliche Begegnung mit einer ausgestorbenen Spezies entstand in Zeiten kolonialer Landnahme (noch in der "Dinomanie" der USA im 19. Jahrhundert) und setzt sich fort unter Vorzeichen von Gentechnik, Umweltzerstörung und Paradiesvorstellungen – sie bedient sich dazu bei den jeweils neuesten Animationstechniken. Verhandelt wird das Überleben zwischen tierischen, menschlichen und technologischen Parametern.
Mit einem Gastvortrag von Christine Hanke am 28.11.2018: "Spektakelmania: Dino im Kino".
Kolloquium
Mi., 9.45 h, zweiwöchentlich/unregelmäßig, Raum 312
Im Kolloquium werden die medienkulturwissenschaftlichen BA- und MA-Arbeiten vorgestellt und gemeinsam diskutiert, die im Wintersemester geschrieben oder begonnen werden. Arbeiten mit Schwerpunkten in Kommunikationswissenschaft, Nachrichtentechnik oder Medienrecht werden im Kolloqium an der TU besprochen.
Sommersemester 2018:
Alte Medien. Stimme, Schrift, Gutenberg-Galaxien
Mo 15.00-16.30, 01/312, BA
Neue Medien sind vernetzt, digital, von vorneherein intermedial. Aber sie beerben die Logiken der Einzelmedien, und nicht nur die der analogen Techniken, sondern noch ältere und vielleicht grundlegendere. Alte Ideen zur Bedeutung von Mündlichkeit oder von Schriftlichkeit, die Imaginationsräume von Geistern oder vom Geist der Stimme, Primitivität oder Abstraktion im Klang, Codierung und Universalität von Schrift haben ihre Spuren in 'Multimedia' hinterlassen. Stand die Druckerpresse einer Demokratisierung von Bildung Pate? Verbinden Diagrammatik und Comic die Linien von Schrift und Bild zu etwas Neuem? Wird Schrift in Maschinen operational, zum Code?
Mit einem Besuch in der Typografie-Klasse der HBK bei Ulrike Stoltz am 25.6.2018.
Medienphilosophie
Di 11.30-13.00, 01/312, MA
Eine Philosophie der Medien geht davon aus, dass alles Wissen von der Welt, dass die Möglichkeitsbedingungen von Erkenntnis nie ohne ihre medialen Bedingungen zu betrachten sind. Sind unsere Begriffe von der Welt nur wie Schatten der Dinge? Ist virtuell das Gegenteil von real? Gibt es ein richtiges Leben im falschen? Höhlen, das Sublime, Rhizome, Spuren und singulär Plurales sind zentrale Stichworte. Anhand von überblickstexten und gezielten Ausschnitten aus Primärtexten führt die Veranstaltung in die grundlegenden Thesen und Fragen der Medienphilosophie ein. Filmportraits einzelner Philosoph_innen werfen die Frage nach der Darstellbarkeit ihrer Gedanken auf.
Musikclips
Di 16.45-18.15, 01/312, BA
Der Musikclip ist ein oft totgesagtes Genre: Als Überfrachtung der akustischen Kunst und Kommerzvehikel kritisiert, im "Musikfernsehen" gefeiert und umkämpft, medienhistorisch in den Absoluten Film, den Musicalfilm oder in Synästhesiekonzepte eingereiht, überlebte er den Jahrtausendwechsel und den Niedergang von MTV und Co. auf zwei neuen Plattformen: im Museum und auf YouTube. Der Musikclip - narrativ, als Auftrittsdokumentation oder in freier Form - kam, um zu bleiben, und damit stellt sich die Frage nach der Clipkritik. Das Seminar behandelt zunächst die historischen Bezüge der Clipgeschichte, Intermedialität und Plattformenwechsel sowie die "Popkritik", um dann einer Reihe von eigenen Clipkritiken Raum zu geben.
Mit einem Gastvortrag von Peter Rehberg zu Inszenierungsstrategien beim Eurovision Song Contest am 26.6.2018.
The Art of Appropriation (inkl. Symposium "To Revolutionary Type Love", 13.-15.6.2018)
Mi 13.15-14.45, 01/312, MA, Termine: 4.4.2018, 11.4., 25.4., 16.5., 23.5., 30.5., 6.6. - Ausstellungseröffnung: Mi., 13.6.2018, 18 h, Symposium: Do. 14.6.2018 ganztägig, Fr. 15.6.2018, 10-12h; 4.7.2018.
Das Thema der "kulturellen Aneignung" wird zur Zeit viel diskutiert, vor allem dort, wo es um die Aneignung durch eine hegemoniale, oft kommerzielle Kultur geht: Ist es legitim, wenn eine große Modekette das Muster einer kanadisch-indigenen Kleidung verwendet? Ignoriert Heidi Klums "Indianerkopfschmuck" die Unterdrückungsgeschichte der Native Americans? In der Kunst der 1980er Jahre stand "Appropriation art" für eine Bewegung in der Gegenrichtung, als Künstlerinnen wie Sherry Levine oder Elaine Sturtevant die Bilder und Gesten ihrer männlichen Kollegen in kritischer Absicht kopierten. Aber handelt es sich überhaupt um Kopien? Welche Strategien des Zitats, der Übernahme, einer vielleicht ironischen Piraterie lassen sich beobachten? Diese Fragen sind verwoben mit solchen der Medienwissenschaft (Urheberrecht, Intermedialität, Zirkulation von und in Medien), der Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft (Autorschaft und Konzepte von Genialität und Kreativität), weiteren kultur- und gesellschaftspolitischen Fragen (Repräsentation von Minderheiten, Bilder der Selbstbehauptung). Das Symposium und die Ausstellung "To Revolutionary Type Love - appropriation and other practices" konkretisieren diese Diskussionen und Forschungen mit einem Fokus auf die Darstellungen von race und gender. Teil des Seminars ist der gemeinsame Besuch von Ausstellung und Symposium. Mit einem Screening des Films "Stories of our lives" (NEST collective, Kenia 2015) am 6.6.18 um 13.15 h im Filmstudio.
Seminar in deutscher Sprache, Symposium in englischer Sprache. Gäste: Kawira Mwirichia, Malcolm Muga, Faith Wanjala (Nairobi); Johannes Ismaiel-Wendt, Malte Pelleter, Henriette Gunkel, Nadine Siegert, Nana Adusei-Poku, Stacie Graham, mahlOt Sansosa, Maureen Maisha Auma, Katja Kinder, Awino Okech, Samanea Karrfalt, Moderation: Anja Michaelsen, Maja Figge, Nanna Heidenreich, Organisation mit Rena Onat, Förderung von Pro*Niedersachsen und der HBK; Kooperation mit dem Iwalewahaus Bayreuth, dem Schwulen Museum Berlin, der Akademie der Künste Berlin.
Übung: Veranstaltungsorganisation: How to manage HBK and guests. Mitarbeit bei der Planung und Durchführung der Veranstaltung "To Revolutionary Type Love" (Ausstellung und Workshop, Juni 2018)
Mi 15.00-16.30, Raum t.b.a., BA
Die folgenden Daten sind verbindlich, die mit * markierten nur nach Bedarf: 4.4.18, 11.4.18, 18.4.18, 25.4.18, sowie die Veranstaltungstage 13. und 14.6.2018; bei Bedarf ggf. kürzere Treffen am *2.5. und *16.5. sowie zum Abbau der Ausstellung am *22.6.2018.
Kolloquium - Wege zur BA-/MA-Arbeit
Mi 9.45-11.15, Raum t.b.a.
Im Kolloquium werden diejenigen Abschlussarbeiten präsentiert und diskutiert, die im Sommersemester geschrieben oder begonnen werden.
– Wintersemester 2017/18: Forschungssemester –
Sommersemester 2017:
Was war privat?
BA Vertiefung, Seminar, di 15.00 h
Die Privatheit hat eine Geschichte. Das ist erstaunlich, denn sie scheint zu jedem und jeder dazuzugehören wie die Individualität oder die Innerlichkeit. Aber wie schon Buchtitel wie "Die Geschichte der Zivilisation", "Öffentlichkeit und Erfahrung" oder "Warum Liebe wehtut" andeuten, ist Privatheit keineswegs natürlich. Sie steht in einem Gefüge mit den Formen von Öffentlichkeit und ihren Medien der jeweiligen Zeit. Der Romantik galten der Brief und das Tagebuch als Medien der (vielleicht geteilten) Privatheit; die Kritik am "Privatfernsehen" nicht nur des 20. Jahrhunderts sieht das Intimleben der kleinen Leute schamlos ausgebreitet; Selfies können aus allen Lebenslagen sofort das Private auf Sozialen Medien teilen. Der aktuelle Begriff der "privacy", der als schützenswerter in der Debatte um Überwachung und Kontrolle auftaucht, knüpft an diese Geschichte an - mit neuen Ökonomien des Privaten. Von "Privatsphäre" konnte man schon immer nur da sprechen, wo sie nicht mehr ganz privat war. Verschwindet sie jetzt?
Mit einem Vortrag von Nadine Dannenberg zu Vlogs am 13.6.2017.
Teil des Seminars ist der gemeinsame Besuch des Workshops " Privacy by design – Überwachung, Selbst, Kontrolle" am 22./23.6.2017 im Haus der Wissenschaften.
Reenactment
Master, Theorie und Geschichte, Übung, di 9.45-13.00 h, Termine: 18.4., 9.5. mit Vortragsgast, Exkursionstage 18.-20.5.2017, 30.5.2017
Das Reenactment ist ein merkwürdiges Genre. Filmische und/oder theatrale "Wiederaufführungen" von historischen Ereignissen oder imaginierten Zeiten gewinnen eine besondere Realitätsmächtigkeit. Trotz ihrer Inszeniertheit werden Sprechakte und Spielhandlungen für die Beteiligten wirksam und verändern die Gegenwart. Es kann darin um Aneignung fremder Kulturen, Wiederaneignung der eigenen verdrängten Geschichte, Wunschwelten, Traumabewältigung, oder auch um aktuelle Verhandlungen gehen, zum Beispiel in inszenierten Gerichtsverhandlungen, in denen reale Beteiligte 'auftreten', die zwar keine juristische Wirksamkeit haben, aber dennoch subjektiv wie für die Öffentlichkeit hochgradig wirksam sind. Im Mai geht es beim "NSU-Tribunal" in Köln um die NSU-Morde in der Keupstraße; Teil der Übung ist eine mehrtägige Exkursion nach Köln (Ort: Schauspiel Köln). Was bedeutet das Genre der Reenactments für die medienwissenschaftlichen Kategorien von Theatralität, Authentizität und Performanz?
Mit einem Gastvortrag von Caro Keller (NSU Watch): "Vier Jahre 'NSU Prozess' - politische Hintergründe und Ausblick", 9.5.17.
Das Filmforum wird am 12.6.17 den Film "The Act of Killing" (Regie: J. Oppenheimer 2012) zeigen.
Harun Farocki
MA, Seminar, di 9.45-13.00 h, Termine: 4.4., 25.4., 2.5., 23.5., 6.6., 20.6., 4.7.2017
Harun Farockis Essayfilme bewegen sich zwischen Dokumentarismus, Lehrfilm, Agitprop, von Formaten des Kurzfilms, der Langzeitdokumentation, des Found footage bis zu Videoinstallationen in Kunstkontexten. Themen sind vielleicht Werbung, Sport, Gefängnisse, die deutsche Geschichte, Kaufhäuser, Handarbeit... aber in jedem Fall wird thematisiert, wie man sieht, wie man Bilder lesen kann, wie Ausschnitte und Bildregie das Bild machen. Gleichzeitig machen die Dokumentationen von Farocki selbst nicht viel. Sie zeigen in größter Ruhe, wie Banker ihre Anlagestrategien diskutieren, wie ein nacktes Model für den Playboy-Centerfold fotografiert wird oder die "Schöpfer der Einkaufswelten" die Architektur einer Shopping Mall planen. Farocki ist wichtig für die Filmphilosophie (für ein 'Denken in Bildern'), für die künstlerische Forschung, für die Filmdidaktik wie für den politischen Film. Das Seminar bündelt zentrale Motive seiner Arbeit.
Außerdem im Filmforum: Am 8.5.17 zwei Filme von Harun Farocki.
Kolloquium / Wege zur BA- und MA-Arbeit
mi 9.45 h, Termine: 12.4., 10.5., 24.5., 7.6., 21.6., 5.7.2017
Im Kolloquium werden diejenigen Abschlussarbeiten präsentiert und diskutiert, die im Sommersemester geschrieben oder begonnen werden.
Graduiertenkolleg "Das fotografische Dispositiv", mi. nachmittags, zweiwöchentlich/vierstündig, dazu ein Workshop mit Ariella Azoulay, Andrea Seier und Ralf Adelmann am 6./7.7.2017. Keynote von Ariella Azoulay: "The Body Politic - Toward A Visual Declaration Of Human Rights", 6.7.2017, 18.00 h, Aula der HBK.
WS 2016/17
Raum
Seminar, Mo 16.45 h, BA, R 25
Kann man den Raum sehen, ist er eine Bedingung der Wahrnehmung oder ein Objekt von Wahrnehmung und Bild? Medien brauchen, benutzen und konstruieren Raum und Räume. Die Perspektive als natürliche oder "symbolische Form", Erde oder Landschaft als Motive par excellence, die entfesselte Kamera, Überwachungstechniken und Drohnen, Panoptikon und Panorama, Immersion im VR-Film: Das Seminar folgt mediengeschichtlichen Stationen in Überkreuzung mit ihren medientheoretischen Fassungen. Welche Tricks und Techniken, welche mediale Strategien korrespondieren verschiedenen Raumphilosophien?
Filmische Räume
Übung, Mo. 18.45-20.30h, Raum: Filmstudio, Beginn 24.10.16
- Übung muss zusammen mit dem Seminar belegt werden - Seminar kann auch ohne Übung belegt werden -
Der Film hat als zwei- und dreidimensionale Kunst ein besonders Verhältnis zum Raum, konstruiert Räume mit eigenen Mitteln, montiert, schneidet, durchfliegt, erfindet... Die Übung besteht im gemeinsamen Besuch der Reihe der Filmklasse und Nachbesprechungen des Programms der Vorwoche; Teilnahmebedingung ist zudem ein Text zu einem der präsentierten Filme/Filmprogramme.
Koloniale Displays
MA, Di., zweiwöchentlich ab 25.10.2016, 11.30-14.45 h, Termine: 25.10., 8.11., 22.11., 6.12..2016, 17.1.2017, Tagesexkursion 21.1., 24.1.2017
Wie man seine Schätze, seine Pläne, seine Entdeckungen aus den Kolonien in den kolonialen Metropolen präsentierte, betraf nicht nur wissenschaftliche oder staatliche Bühnen. Die Alltagskultur, die Werbegrafik, der Comic war ebenso durchzogen von kolonialen Topoi wie die anthropologische oder Reise-Fotografie, der dokumentarische oder der Spielfilm. Lebende koloniale Objekte gab es in Zoos oder Weltausstellungen zu sehen, Bildpostkarten popularisierten exotische Andere, der "Cake Walk" ging auf verschlungenen Wegen von Schwarzen Plantagen als Modetanz um die Welt... Das Seminar durchquert die Medien der Kolonialzeit und schließt mit aktuellen Adaptionen im Film, im Textil und mit einer Tagesexkursion (21.1.2017): Das Deutsche Historische Museum Berlin eröffnet eine neue Austellung zur deutschen Kolonialgeschichte - wir analysieren die aktuellen Ausstellungsparadigmen.
Utopien
BA, Di. 18.30-20.00 h, R 25, Start zweite Semesterwoche (25.10., 8.11., 22.11., 6.12.2016, 17.1.2017, 21.1., 31.1.2017)
Andere Zeiten, andere Orte zu entwerfen, scheint eine prinzipiell mediale Angelegenheit zu sein. Nicht ohne Medien denkbar, in Medien vermittelt und oft genug darin verbleibend, sind die Entwürfe anderer Welten. Vor 500 Jahren entwarf Tomas Morus sein "Utopia", das Genre Science Fiction knüpft an ein Möglichkeitsdenken an. Vergangene Zukünfte wie alte Techno-Fiktionen machen lesbar, wie man Zukunft aus der Gegenwart oder vielleicht doch von woanders her zu denken versucht. Die "Welt am Draht", der Afrofuturismus, "Cruising Utopia", "HER" oder ganz ökonomisch geplante Smart Cities verhandeln Zeitkonzepte und Machbarkeiten. Das Entwerfen in die Zukunft ist auch eine Aufgabe des Transformation Designs – Teil des Seminars ist der gemeinsame Besuch des TD-Workshops "un/certain futures" (30.11.-2.12.2016).
Kolloquium
Mi 9.45 h, R 25, zweiwöchentlich, Termine: 26.10., 9.11., 23.11., 7.12.2016, 11.1.2017, 25.1.2017, 8.2.2017
Im Kolloqium werden die aktuellen Abschlussarbeiten (BA und MA), die im Laufe des Semesters geschrieben oder begonnen werden, in ihren jeweiligen Planungsstadien präsentiert und gemeinsam diskutiert.
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Sommersemester 2016
Die Vielen
Master M2 Analyse, Di 15 h
Mengen von Menschen und Medien: ein vertracktes Verhältnis. Wenn das Bild von "Menschenmassen" stets in Korrespondenz zu den Medien der Zeit zu sehen ist, wie sehen Mengen in der Zeit individualisierter und partizipatorischer Mediennutzung aus? Platzbesetzungen in Athen, Madrid oder New York haben die Notwendigkeit neuer Konzepte vor Augen geführt. Nach einem Blick auf ältere, auch dämonisierende Bilder der "Masse" geht es im Seminar um neue Fassungen und ihre Medien: "Singulär plural sein" lautet eine Formel Jean Luc Nancys, Begriffe wie "die Vielen" ("the many") suchen eine Bestimmung zwischen Masse und Individuum, um die neuen Phänomene zu beschreiben.
Auch "Flüchtlingsströme" werfen Fragen nach der Visualisierung und der Bilderpolitik konkreter Menschenmengen auf. Hierauf antwortet der Film "persona non data" (D 2014). Screening und Diskussion mit der Filmemacherin Dorothea Carl am 14.6.2016.
Postcolonial displays
BA M4 Aufbau Analyse, Mo 18.30 h; Termine: 18.4.2016, 2.5.16, 23.5.16, 6.6.16, Exkursion: Do. 23.6.-Fr. 24.6.2016, 27.6.2016.
"Die Welt nach Hause bringen", aber wie? Zeichnungen schwanken zwischen Romantik, Magie und Dokumentation - die Dinge selbst müssen in den europäischen Zentren präsentiert werden. Reisende, Wissenschaftler, Abenteurer und Kolonisatoren verschiffen lebende und tote Artefakte in die Metropolen und erfinden neue Präsentationsformen. Der Reichtum der Natur, Reichtümer fremder Völker – und die fremden Völker selbst halten Einzug in Wunderkammern, Schaubuden, Museen und Bühnen. Heute erhalten diese Displays vor dem Hintergrund weltweiter medialer Vernetzung und Dekolonisation neue Bedeutungen. Welchen Einsatz haben nun Film und Fotografie, Vitrinen und Beleuchtung, ethnologische Objekte, Performance und Restitution? Das Seminar diskutiert grundlegende Texte und schließt mit einer 1,5tägigen Exkursion zum Berliner Humboldtforum, dem Ethnologischen Museum Dahlem und einer aktuellen Ausstellung. Mit einem Gastvortrag von Katrin Sieg (University of Washington, Autorin u.a. von "ethnic drag") über ihre aktuellen Forschungen zu Ethnologischen Museen (in Kooperation mit Prof. Dr. Christina Vagt, Ort: Humboldt-Universität Berlin).
Wissensspektakel
BA M4 Aufbau Analyse, Di 18.30 h
Der Klimawandel hat in Erinnerung gerufen, dass die Vermittlung naturwissenschaftlichen Wissens geeigneter Formen und Medien bedarf. Welche Genres, Bildformen, Formate sind sachlich wie anschaulich genug, um Interesse zu wecken und Informationen zu transportieren? Nach alten Medien wie den Wunderkammern versuchen Museen heute neue Inszenierungsformen; Diagramme und Isotypen abstrahieren, aber dramatisieren auch manchmal statistische Werte; Programme einer "Public Understanding of Science" haben spätestens seit den Fortschritten in der Genom-Entschlüsselung zahlreiche Initiativen hervorgebracht - und auch Film und Fernsehen versuchen sich in Wissenschaftsvermittlung. Das Seminar untersucht verschiedene Modelle vom Diorama bis zum Blog, schreitet eine Mediengeschichte der Wissenschaftskommunikation ab und reflektiert darin jeweils die konstitutiven Medialitäten des Wissens.
1000 Plateaus
Master, Übung, Mi 13.15 h
Bestimmungen von "Virtualität", "Differenz" und "Wiederholung" sind neben der "Disziplinar- und Kontrollgesellschaft" Konzepte des Philosophen Gilles Deleuze, die für die Medienwissenschaft eine zentrale Rolle spielen. Zusammen mit dem Psychoanalytiker Félix Guattari hat Deleuze 1980 ein umfangreiches und ebenfalls viel zitiertes Buch verfasst: die "Tausend Plateaus". Beide hatten vorher schon zusammen das Konzept der "Wunschmaschine", eines maschinell gedachten Unbewussten, im "Anti-Ödipus" entworfen und schreiben nun über Semiotik und Politik, das Rhizom, die Karte, Minoritärwerden und Mikropolitik, organlose Körper, glatte und gekerbte Räume, Nomadologie, über das Tierwerden... Was verbirgt sich hinter diesen Begriffen, und welche Medienkonzepte korrespondieren ihnen?
Der Schwerpunkt der Übung liegt auf einem Close Reading ausgewählter Kapitel; die umfangreiche Sekundärliteratur wird auszugsweise hinzugezogen.
Mit einem Gastvortrag von Brigitta Kuster: "Nomadismus und Migration: ein Hakenschlag", 15.6.2016.
Colloquium
mi 9.45, vierzehntägig, ab 20.4.2016
Für die Präsentation und Diskussion aller BA- und MA-Abschlussarbeiten, die *im Sommersemester begonnen oder verfasst* werden.
Beteiligung an der Ringvorlesung im Genderzentrum Braunschweig (TU/HBK), "Jenseits der Zweigeschlechtlichkeit – Inter*Sex und Trans*Gender", mo 18.30 h, Haus der Wissenschaft
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WS 2015/16
"Indianer" - Projektionen, Imaginationen, Anverwandlungen
zusammen mit Nanna Heidenreich
BA-Seminar für M1 und M3, Di 15.00-16.30 - Übung, 16.30-18.00 h - Seminar - Übung und Seminar müssen zusammen belegt werden -
„Wenn man doch ein Indianer wäre, gleich bereit, und auf dem rennenden Pferde, schief in der Luft, immer wieder kurz erzitterte über dem zitternden Boden, bis man die Sporen ließ, denn es gab keine Sporen, bis man die Zügel wegwarf, denn es gab keine Zügel, und kaum das Land vor sich als glatt gemähte Heide sah, schon ohne Pferdehals und Pferdekopf.“ Franz Kafka: Wunsch, Indianer zu werden.
In Franz Kafkas viel diskutiertem kurzen allerersten Prosastück (1913 veröffentlicht, also ein Jahr nach dem Tode Karl Mays) versammelt sich vieles, was deutschsprachige „Indianer“-Phantasien seit Jahren auszeichnet. Wunschdenken, Projektionen, Abwesenheit, Kino. Er beschreibt eine Art Filmszene, die rückwärts zu laufen scheint. Sie beginnt mit dem Wunsch, „Indianer zu werden“ (nicht „zu sein“), dessen imaginärer Erfüllung, und geht dann zurück auf Los, in die Abwesenheit, die diesen Wunsch erst hervorgebracht hat.
Die Bücher von Karl May, die heute immer noch stattfindenden Karl May Festspiele, „Indianer“filme, die in der BRD und der DDR gleichermaßen populär waren, „Indianer“camps und Western-Städte: „Indianer“bevölkern deutsche Phantasien seit gut 200 Jahren. Das Seminar beschäftigt sich mit diesen Projektionen, ihrer Geschichte und Gegenwart, ihrem Ort in der Wissenschaftsgeschichte, und den damit verknüpften Medien wie Fotografie und Kino, sowie den Hollywood-Versionen und schließlich indigener Medienproduktion zwischen Kunst, Kino und Aktivismus.
Mit Gastvorträgen von Claus Löser ("Von Karl May zu Karl Marx und zurück. 'Native Americans' als DDR-Wunschprojektion") und Nele Rein ("How to be a real Indian? Spiegelbilder und Projektionen im indigenen Film Nordamerikas").
Kolloquium – BA- und MA-Abschlussarbeiten
Mi 9.30 h, vierzehntägig, Beginn 4.11.2015
Gender und Medien: Neue Dramaturgien
Seminar M3, Mo 16.45-18.15 h
Ob Computer denken können, hat Alan Turing nicht irgendwie erörtert, sondern konkret als ein Täuschungsspiel zwischen Mann, Frau und Maschine entworfen – wie auch der Film Ex machina (2015). "Frauen" und "Männer" werden nicht nur "in Medien" abgebildet, sondern die Geschlechterdifferenz strukturiert das System der Repräsentation. Was bedeutet das, und kann man es sehen? Die Theorie der Performativität des Geschlechts wird in diesem Seminar als mediale untersucht.
Mit einem Gastvortrag von Claudia Reiche ("Die indischen Hijras - ein Film & Foto-Projekt").
Gender und Medien - Filmische Transgressionen
Übung M3 Mo 19.00-20.30 h, Filmstudio
Als Übung zum Seminar "Gender und Medien: Neue Dramaturgien" wird zusätzlich direkt im Anschluss an das Seminar der gemeinsame Besuch der Filmreihe im Filmstudio "Frauen, Diven, Transgender" angeboten (nur für TeilnehmerInnen des Seminars; in Kooperation mit der Filmklasse). Je nach Gruppengröße finden die Besprechungen am Schluss der Veranstaltung selbst oder auch am Anfang des folgenden Seminars statt. Teilnahmebedingung: Ein sechsseitiger Text zu einem Filmprogramm.
Intermedialität
Veranstaltung im Rahmen des Graduiertenkollegs "Dispositive der Fotografie", wechselnde Termine.
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Sommersemester 2015
Science, Fiction
Übung M2 BA Basis Analyse - Montag 16.45h-18.15h, und Seminar M2 BA Basis Analyse - Montag 18.30-20.00h
Medien scheinen prädestiniert dafür, erfundene Welten zu zeigen oder Utopisches auszumalen. Gleichzeitig glauben wir, dass Medien unser Wissen speichern und mittels ihrer Verfahren neues hervorbringen können. Fakten und Fiktion treffen sich in den verschiedenen sich überlagernden Funktionen von Medien. Was einerseits so unterschiedliche Realitätsgehalte ausweisen soll, andererseits in manchen Genres so gut zusammengeht, sind Science und Fiction. Wissenschaftliches Wissen und die Kraft der Imagination mögen im Plot getrennte Wege gehen: In den Bildern sind ihre Effekte verschränkt.
Das Seminar folgt den Inszenierungen dieser Verschränkung durch Filme und Texte der letzten 50 Jahre.
Die Übung dient der Materialanalyse. Übung und Seminar müssen zusammen belegt werden.
Medienkultur des Geldes
Master Seminar Theorie - Dienstag 11.30-13.00 h
Ob Geld ein Medium sei, ein leeres Äquivalent, ein bloßer Tauschkanal, lässt sich noch mit Marx und Baudrillard diskutieren, mit ihren "Gespenstern" (Derrida), kulturübergreifenden Analogien (Rotmans Geschichte der Nullpunkte) und ihren blinden Flecken (dem "Fleischmarkt" nach Laurie Penny oder der Hausarbeit). Wie fiktiv, wie phantastisch ist unsere Finanzökonomie (Vogl)? Im Digitalzeitalter und seiner fortschreitenden Entkoppelung von Dingen und Zeichen werden diese Bezüge weiter aufgefächert. Wurden zunächst anthropologische Tauschmodelle für die Ökonomie des Internets herangezogen, gehen mittlerweile Kulturen des Selbstmanagements, der Partizipation, der allzeit bereiten Kreativität Hand in Hand mit dem Web 2.0 und Social Media-Praktiken. Neue Konzepte wie die "Shareconomy" oder die "digital commons" propagieren eine digitale Allmende, Allgemeingüter, die Eigentumsverhältnisse und Verfügungsmacht neu entwerfen. Auch die "Kunst frisst Geld", wir leben in einer Kultur von "Schuld und Schulden", heißt es. Das Seminar untersucht diese medialen Spekulationen.
Mit einem Gastvortrag von Esther Ruelfs, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg: FETTE BEUTE. Eine Fotografieausstellung, am 23.6.2015.
Images and Empires
M2 Seminar BA Aufbau Analyse - Di 15.00-16.30 h
The volume entitled "Images and Empires" (Landau/Kaspin 2002) does not attempt to give a comprehensive view of the visual culture of the entire African continent, its past and present, let alone all its pictorial media. It encompasses advertising, photography, cartoons, film, and material culture. If there is something like common 'african' characteristics running through them, remains an open question. Every week, we will read a new chapter together, meeting Tintin and images of the bush, as well as our own "empires of visualization". - Our discussion starts in English language, switching to German if necessary.
Lit.: Paul Landau, Deborah Kaspin (Hg.), Images and Empires. Visuality in Colonial and Postcolonial Africa, Berkeley u.a. (University of California Press) 2002
Der Sammelband zur visuellen Kultur in Afrika mit dem Titel "Images and Empires" (Landau/Kaspin 2002) versucht gar nicht erst, einen Kontinent, seine Geschichte und Gegenwart, oder gar alle seine Bildmedien unter einen Hut zu bringen. Werbung, Fotografie, Comics, Filme oder materielle Kultur kommen zur Sprache. Ob es verbindende, "afrikanisch" zu nennende Elemente darin gibt, bleibt offen. Im Seminar lesen wir jede Woche ein Kapitel zu einer neuen Bilderpraxis, lernen Tintin und Buschbilder kennen, treffen auf eigene "empires of visualization". - Das Seminar soll in englischer Sprache stattfinden, bei Bedarf wechseln wir ins Deutsche.
Wege zur BA-/MA-/Magister-Arbeit
Examenskolloquium - Mittwoch 9.45 h, 14tägig, Beginn: 2. Semesterwoche
Das Kolloquium dient der Vorbereitung und Begleitung Ihrer Abschlussarbeit (Themenfindung, Recherche, Profilierung des Themas, Aufbau und Gliederung der Arbeit). Die Termine werden zu Beginn des Semesters auf Ihre Projekte im BA bzw. MA aufgeteilt. Das Kolloquium wird in jedem Semester angeboten.
Sitzung im Ringseminar Gender Studies der GKG, an der TU Braunschweig, Intersektionalität & Disability: Geschlechterwissen aus interdisziplinärer Sicht: "Prothetik, Enhancement, Super crips", 17.6.2015.
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Wintersemester 2014/15
Wildes Schauen. Medien der Ethnografie
BA, mo 18.30 h
Als Forscherteams anfingen, Menschen in nichteuropäischen Ländern wissenschaftlich zu untersuchen, mussten sie nicht nur in neu zu erfindenden "contact zones" kommunizieren, sondern auch Aufzeichnungen mit alten Mitteln auf neuem Terrain unternehmen. Wie bildet man am besten "fremde Völker" ab? Sind die eigenen Medien adäquat? Wie geht man mit Herrschaftsverhältnissen um, mit Exotismen, der Gewalt der Erfassung? Irgendwann wird darüber auch die eigene Kultur fremd und muss selbst erforscht werden. Ausgehend von den Klassikern der Ethnologie und visuellen Anthropologie in Schrift, Fotografie und Film geht es um mediale Selbstbeobachtung, um Objektifizierungen und Möglichkeiten mimetischer Verfahren.
Steuern, regeln, loslassen. Unsere Geschichte der Kybernetik
MA, Seminar, di 9.45 h
Der Name "Kybernetik" ist heute nicht mehr gebräuchlich, aber die Wünsche, die Versprechen und vielleicht auch die Möglichkeiten, die dieses gegenwärtige Stück Forschungsgeschichte produziert hat, sind sehr lebendig. Die Idee, gemeinsame Formeln quer durch verschiedene Fächer zu finden, und noch mehr: durch die Denkformen dieser Fächer und auch für die praktische Umsetzung, die Implementierung ihrer Erkenntnisse, gemeinsam zu entwickeln, hat die Wissenschaft und die Technik, insbesondere die Entwicklung des Computers, im 20. Jahrhundert zentral geprägt. Das Seminar untersucht, wie die Medienwissenschaft auf diese Geschichte von "Steuerung und Regelung in Mensch, Maschine und Tier" zurückgreift.
Visuelles Dekolonisieren
MA, Übung, Theorie, ab 4.11., Termine s.u.
Nach dem Ende der Kolonialzeit lebt diese gespensterhaft fort: Ihre Artefakte sind weiterhin in unseren Museen und Vitrinen, ihre Bilder in unseren Filmen... wie heute damit umgehen?
Diese Veranstaltung ist als Übung konzipiert, das heißt, dass Sie neben der Diskussion einzelner ausgewählter Texte entweder eine Moderation beim Workshop übernehmen oder eine Workshop-Besprechung verfassen.
Der Workshop findet statt am 6. und 7. November, im Filmstudio und dem Atelier der Klasse Gröting.
Wie hat man das Sichtbare zum kolonial Sagbaren gemacht? Wie sieht, wie zeigt man, was die eigene Einteilung der Welt plausibilisieren soll? Und wie kann man solche Bilder verändern, das Visuelle dekolonisieren, auf visuelle Weise Dekolonisieren? Der Workshop widmet sich den Schauplätzen medialer und künstlerischer postkolonialer Strategien im Film, im Museum und auf der Bühne. Dabei geht es sowohl um die kritische Lektüre materialer Erbschaften des Kolonialismus, etwa der Artefakte von Forschungsreisen und sogenannten „human remains“ in Museen, die Teil einer Aneignungs- und Ausstellungskultur waren und sind, als auch um Strategien des Kuratierens der 'Kunst der anderen' in Museen, Galerien oder dem Humboldt-Forum. Es geht aber auch um die Verbindungen antikolonialer Kämpfe mit Film/Kino, um zeitgenössische künstlerische Interventionen in koloniale Archive oder die Möglichkeiten dekolonisierender ästhetischer Verfahren.
Mit Beiträgen zum Film (Tobias Nagl, Nele Rein), zum Berliner Humboldt-Forum (Artefakte/Brigitta Kuster et al., Kristin Schulze) und dem Ausstellen von "human remains" (Christine Hanke), zur Funktion von Kunst in "Migrationsmuseen" (Melanie Ulz), zum Kuratieren südafrikanischer Kunst (Storm Janse van Rensburg), zu fotografischen Archiven der Kolonialmächte und dem Umgang damit heute (Emma Wolukau-Wanambwa), von Schamanismen in der 60er/70er Jahre-Subkultur (Ilka Becker), dem Verhältnis von künstlerischer Abstraktion und Dekolonisierung (Michaela Ott) und einer Abendperformance von Vaginal Davis mit dem Titel "Sassafras, Cypres & Indigo. Black Screen Images and the Notion of Freakiness".
Mitarbeit: Nanna Heidenreich. Abendveranstaltung gefördert mit Gender-Mitteln durch die Forschungskommission der HBK.
Termine: Verbindlicher Einführungstermin: di 4.11. 15 h, Raum 25, dann die vollen Tage Do/Fr. 6./7.11.2014 (Orte: Am do/fr. im Filmstudio und in der Klasse Gröting), weitere Sitzungen (di 15h): 18.11., 2. und 16.12.2014, sowie
Mo., 12.1.2015: Universum, 19 h: Concerning violence. Nine Scenes from the Anti-Imperialistic Self-Defense, Regie: Göran Hugo Olsson, Vorwort von Gayatri Chakravorty Spivak, gesprochen von Lauryn Hill, basierend auf: Frantz Fanon, Die Verdammten dieser Erde, Schweden 2014, 85 min.
Der Blick auf die Erde. Bildtechniken für Land und Planet
BA Aufbau, mi 13.15 h
Um sein Reich ganz genau abbilden zu können, ließ der König eine Karte im Maßstab 1:1 anfertigen, die schließlich das ganze Land bedeckte... Und wie wurden die Bilder von der Erde, von Ländern, Fluss- und Küstenverläufen für Forschung, Handel, Neugier, Krieg und ihre engen Vermischungen handlich? Mit welchen Mitteln erreicht man verschiedene Formen von Objektivität? Techniken und Strategien des Abbildens umfassen verschiedene Medienformate. Von den Kniffen und Tricks der Kartografie ausgehend, behandelt das Seminar Modellierungen und Abbildungsverfahren des Planeten Erde und befragt schließlich die neuen hybriden Digitalformate, subjektive Zugriffsmöglichkeiten und agencies durch Satelliten, neue Kameras, Google Earth.
Mit einem Gastvortrag von Ulf Treger, Digital mapping und künstlerische/soziale Kartierung, 7.1.2015
Sommersemester 2014
Kollektive. Medien Kunst Straße
Mi 13.15 (BA Aufbau Analyse) Modul M4
Kollektive können sich absichtlich bilden oder spontan, sie können alles miteinander teilen oder nur punktuelle Anliegen, sie können gemeinsam produzieren oder gerade die Produktion blockieren. Aber meistens zielen sie auf Handlungs- und Lebensformen, die dem alten Autorenprinzip, traditionellen Hierarchien und Berechenbarkeiten entkommen wollen. Und ist nicht eine Filmproduktion immer ein kollektives Unternehmen? Ruft uns das Radio nicht zu einer Gemeinschaft zusammen, die sich nur aktiv zueinander verhalten müsste? Machen nicht digitale Netze uns alle zu temporären Kollektiven?
Was jeweils 'neue' Medien waren, brachte neue Formen und Bilder von Gruppen, Massen, Zusammengehörigkeiten oder Gegenbewegungen hervor; manche kritisieren Flashmobs heute als Ikone einer 'leeren' digitalen Kommunikation. Wir untersuchen genauer: Zuerst Konzepte und dann konkrete Kollektive. Netzwerke und "kollektive Intelligenz", Schwärme, Komplizenschaften, urbane Kollektive, Situationisten, Occupy.
Mit einem Gastvortrag von Anja Steidinger vom Medienkollektiv Enmedio, Barcelona.
Schlingensiefs Fernseharbeit
SE (BA Basis Analyse) M2, Di 16.45 h - 19.30 h, vierzehntägig, erster Termin 29.4.2014
Talkshows, Musikshows, Castingshows: Das Business des Auftretens, Inszenierens, Schauspielerns und passender oder unpassender Exzesse hat das Fernsehen im Lauf des 20. Jahrhunderts vom Theater adaptiert und in den Augen vieler Kulturkritiker ins Banale gewendet. Dabei hat das Fernsehen ganz eigene Mechanismen entwickelt, um immer neue Formen von Intimität und Spektakel, Wettbewerb und Massentauglichkeit, Prominenz und Ereignis zu erfinden. Diese greift Christoph Schlingensief auf. Seit 1991 produzierte er kurze Beiträge für das WDR-Politikmagazin ZAK, 1997 mit "Talk 2000" im Privatfernsehen eine eigene Show, "U3000" brachte 2000 Musik und Exzess für MTV in die Berliner U-Bahn, "Freakstars" eine Castingshow mit Behinderten auf Viva (2002). Die Aktion "Ausländer raus!" greift 2000 in Wien das neue TV-Format "Big Brother" auf. "Die Piloten" ist schließlich eine Art Dokumentarfilm über eine nicht fertiggestellte weitere Talkshow. Das Seminar untersucht diese Fermsehproduktionen, ihre Eingriffe in Erwartungshaltungen und den fortwährenden Versuch, Unvorhersehbarkeit zu produzieren.
Mode Medien Moden
Di 13.15 h, Seminar (BA Aufbau Analyse), M4
Das Fleischkleid von Lady Gaga zeigt: Mode ist ebenso ein Medien- wie ein Kunst- wie ein Pop-Produkt. Ein zeitweilig anhaltendes Ereignis, das lesbar wird als "Alltagsgegenstand oder Distinktionsgeste, Schnittstelle zur Kunst, Milliardengeschäft oder Do-It-Yourself-Praxis" (Sonja Eismann). Das Seminar verfolgt historische Diskurse, Versuche der Theoretisierung und der ästhetischen Interventionen. Ein Gastvortrag von Philipp Dorestal stellt afroamerikanische "Style Politics" vor.
Kaskaden von Medien. Die Akteur-Netzwerk-Theorie
Mi 18.30 h, Seminar (MA Theorie)
Eigentlich war die Actor Network Theory keine Medientheorie. "Medien" interessieren sie nicht - denn damit etwas übertragen wird (damit informiert, gespeichert, gehandelt werden kann), muss es eine "Kaskade von Inskriptionen" geben, sagt Bruno Latour in Abkehr von Modellen, die Technisches und Soziales, Sender und Empfänger, passive und aktive Größen streng voneinander getrennt haben. In einem Netzwerk sprechen belebte und unbelebte Elemente mit, oder: sie haben eine agency. Damit steht die Intentionalität eines users auf ebenso wackeligen Füßen wie die Eigendynamik von Einzelmedien. Eine "Akteur-Medien-Theorie" untersucht nun, wie solche Netzwerke aussehen - und was sie für die Rolle und die Macht von Medien inmitten von anderen Dingen und Agenten bedeuten.
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Exkursion: Die Kunst, viele zu sein
Die Exkursion führt zu einer besonderen Art von Kongress. Unter dem Titel "The Art of Being Many" findet vom 25.-28. September in Hamburg (Kampnagel) das folgende Ereignis statt:
"Vom 25. bis 28. September 2014 wird auf Kampnagel in Hamburg ein transnationaler Kongress von Real-Democracy-AktivistInnen aus vielen Teilen Europas und der Welt stattfinden. Thema des Kongresses sind die neuen Techniken und Ästhetiken, Strategien und Theorien des (sich) Versammelns, die in den Auseinandersetzungen der letzten Jahre erarbeitet und erstritten worden sind. Es geht um Timing, Sounds und Affekte von Versammlungen, um die Rauschmittel der Bewegung und die Materialität kollektiver Entscheidungen. All das soll nicht nur diskutiert, sondern auch erprobt, erlebt und gesamplet werden. Was ist der ‘State of the Art of Being Many’?
Die europäische und arabische Bevölkerung erobert seit einigen Jahren die Demokratie zurück. Immer mehr Menschen versammeln sich unabhängig von staatlichen Strukturen und politischen Organisationen, um ihre Anliegen voranzubringen.
Der Kongress „The Art of Being Many” untersucht das neue Demokratieverständnis und seine Arten des Versammelns. Sechs Monate vor dem Kongress werden 49 „Delegierte“ von der demokratischen Basis – Schülervertreter, Mitglieder von Online-Spiele-Communities – mittels einer Online-Plattform vernetzt. Sie bereiten sieben Themenschwerpunkte vor und werden von den Initiatoren des Projekts sowie von Künstler/innen und Forscher/innen unterstützt.
Für den Kongress selbst wird eine Arena für 400 Teilnehmer aufgebaut, die unterschiedliche Arten der Teilnahme ermöglichen: Gebetsteppiche, Bürostühle, WLAN oder Effektmikrofone stehen zur Verfügung. Die Teilnehmer können so Techniken und Ästhetiken, Strategien und Theorien des Versammelns erproben, wohingegen die Delegierten mit Reenactments, Interventionen, Experimenten und Aufrufen konkrete Einblicke in die Dynamik, Performance und Konflikte aktueller Versammlungskultur geben. Auf jeder Versammlung wird entschieden, welche Methode am besten geeignet ist – die Erkenntnisse werden in einer gemeinsamen Publikation festgehalten.
Künstlerische Leitung: geheimagentur, wissenschaftliche Leitung: Vassilis Tsianos, Künstler/innen: das Graduiertenkolleg Versammlung und Teilhabe, Embros Theater Athen (G), Gängeviertel Hamburg, John Jordan (GB), Krööt Juurak (E), Zoe Laughlin (GB), Ligna, Voodoo Chanel u.a."
Die Teilnahme ist möglich für Seminarteilnehmer/innen des Seminars "Kollektive. Medien Kunst Strasse". Vorbesprechungen/Anmeldung Mi., 30.4.2014, 13.15h, R 53/05, inhaltliche Einführung Mi., 16.7.2014, 13.15 h, 53/05.
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Sitzung im Ringseminar "Sprechende Waschmaschinen, Rasierer und Web 2.0: Zum Verhältnis von Alltagstechniken, Medien und Geschlecht", veranstaltet vom Braunschweiger Zetnrum für Gender Studies), SoSe 2014, mi 11.30-13.00, am 25.6.14:
Gender Swap: Fotografische Optionen
Im Zeitalter der digitalen Fotografie, der Körper(selbst)darstellung, der Normierung und der auch genderbezogenen Arbeit am fotografischen Bild ist technisch eine große Vielfalt an Darstellungsoptionen, Optimierungen oder Neuerfindungen gegeben. Solche Bilder sind aus den fiktionalen Bereichen in unseren Alltag gewandert, begegnen uns in Werbekampagnen und Online-Serien. Die Seminarsitzung untersucht neue und alte Authentifizierungsmarker von Fotorealismus und Geschlecht.
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Wintersemester 2013/14: Forschungssemester
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Sommersemester 2013
Ulrike Bergermann, Nanna Heidenreich
Post_koloniale Medienwissenschaft. Sondierungen
MA, M4, Di 13.15 h, 53/25
Das Präfix „post“ in postkolonialer Theorie verweist einerseits auf das zeitliche „nach“ der offiziellen großen Dekolonisierungsphase im 20. Jahrhundert, es markiert jedoch zugleich das Fortwirken von Kolonialismus und Imperialismus. Postkoloniale Theorie beschäftigt sich in diesem Sinne mit den andauernden Prozessen von De- und Rekolonisierung, wobei Kolonisierung nicht nur die Besetzung und ökonomische Ausbeutung von Territorien meint, sondern Formationsprozesse, d.h. auch epistemische Gewalt: das Denken und Sprechen, das gewaltsam wirkt. Postkoloniale Theorie betrifft daher auch nicht nur die ehemaligen Länder, die kolonisierten oder kolonisiert wurden, sondern beinhaltet ein Verständnis globaler Verschränkungen. Die Frage nach der Medialität problematisiert immer schon die Vorgängigkeiten von Darstellungsordnungen - und die Frage, was uns natürlich erscheint. Post_koloniale Medientheorie umfasst daher vielleicht Analysen von Einzelmedien in kolonialen und postkolonialen Gesellschaften, aber in erster Linie die Untersuchung der Möglichkeitsbedingungen von Darstellung, die sich nur in Bezug auf ein Anderes, auf den/die Anderen herausgebildet haben.
Das Seminar bietet einen Einstieg in zentrale Argumente und Texte post_kolonialer Theoriebildung, die jeweils aus medienwissenschaftlicher Perspektive fokussiert werden. Es findet statt im Zusammenhang mit der internationalen Tagung „ total. Universalismus und Partikularismus in postkolonialer Medientheorie“ (16.-18. Mai 2013) statt. Der Besuch der Tagung ist verpflichtende Voraussetzung für die Seminarteilnahme.
Wiederholung
BA, M4, Di 18.30, 53/25
Es gibt keine Wiederholung. Nichts Wiederholtes kann jemals identisch sein... Alles ist doch nur Wiederholung. Es gibt nichts wirklich Neues - alles ein einziger Remix... Vor dem Hintergrund von Theorien, die die Wiederholung verschieden gefasst haben, untersucht das Seminar neue Formate. In den Texten geht es um Differenz und Wiederholung, Performativität, Kulturindustrie und Remediation, in Filmen um Loops und Doppelgänger, Re-enactments geben vergangenen Ereignissen eine kollektive Präsenz, in der Popkultur singt das Mashup das "Lob der Kopie" oder das Covern im Pop nur noch die "Retromania". Alle diese Strategien haben es mit der Wiederholung zu tun: Medien zitieren sich, Kunstwerke wiederholen andere, Vorläufer werden angeeignet, der Versuch identischer Replikationen angestellt. Welche Identitäten entstehen in den Zeitaltern von Serialität und Digitalität? Was wäre das für ein Ereignis, das sich wiederholen ließe?
WS 2012/13
Schrift. The Pencil of Culture
Master M4 Di 16.45 h
Schrift, das sind diese kleinen abstrakten Bilder, die schwarz auf weiß nebeneinander stehen - Schrift ist das Andere des Bilds und gar nicht "ikonisch" - Schrift kann man sehen, aber eine Programmiersprache schlägt sich auch in Schrift, im geschriebenen Code nieder, und der ist immateriell... Wer sich in die Abstraktionen und Widersprüche dieser Kategorisierungen begibt, erfährt nicht nur weite Hintergründe der abendländischen Kulturgeschichte (und ihre Abgründe), sondern gewinnt auch Differenzierungsmöglichkeiten. Denn Metaphern und Denkmodelle der Schrift ziehen sich durch die gesamte Mediengeschichte und ihre Modelle: Setzt nicht jeder Klick auf einen Link eine Zeichenkette in Gang? Von den Vorteilen früher "Datenspeicherung" über die Kritik an der entfremdeten Aufzeichnung kommen wir vorbei an Hieroglyphen und phonetischer Schrift, Buchdruck und Schreibmaschine, der Faszination sich selbst schreibender Dinge, Notationen und Ziffern, einer Spur von Handlungen in Gang setzender Zeichen.
"Zigeuner". Europas innere Andere
BA, Di 13.15 h, R 05/25
Wie in einem Kapitel aus Foucaults "Geschichte des infamen Menschen", so stellen "die Zigeuner" Definitionen von Nation und Staat, von Hoch- und Popularkultur in Frage; ihre mündlichen Traditionen stehen schriftlicher (Selbst-)Geschichtsschreibung im Wege. "Zigeuner" ist eine Bezeichnung für stereotype Figuren sowohl für das Wilde, Abenteuerhafte, Unzivilisierte als auch für das Kriminelle, sowohl "fahrende Völker" wie provisorische oder dauerhafte Parallelgesellschaften. Sie sind Projektionsflächen für freie Liebe und rigides Patriarchat, Unterweltkönigreiche und Armut, Wahrsagerei und (Vogel)Freiheit. Und "Zigeuner "ist immer noch oft eine Selbstbezeichnung von Sinti, Roma und anderen Gemeinschaften. Aber man kann nicht einfach hinter den Stereotypen 'die echten Zigeuner' entdecken. Auch in gutmeinenden Sozialreportagen reproduzieren sich Blicke aus einem Zentrum an eine bewegliche Peripherie. Das Seminar verfolgt die europäische Kulturgeschichte der Tsiganes und ihre Medialisierungen im 20. Jahrhundert: Ein Gastvortrag stellt die Musik der Sinti und Roma vor, Filme zeigen Riefenstahls Tiefland, Marlene Dietrichs Goldene Ohrringe oder die Revision von Philip Scheffner (2012). Sind aktuelle Produktionen wie "Gay, Gypsy and Jew" die Antwort auf Antiziganismus? - Einen roten Faden des Seminars werden Theoretisierungen des Nomadischen (Deleuze/Guattari u.a.) bilden.
- Klaus-Michael Bodgal, Europa erfindet die Zigeuner: Eine Geschichte von Faszination und Verachtung, Berlin (Suhrkamp) 2011
- Lith Bahlmann, Matthias Reichelt (Hg.), Reconsidering Roma. Aspects of Roma and Sinti Life in Contemporary Art, Göttingen (Wallstein) 2011
- Lou Charnon-Deutsch, The Spanish Gypsy. The History of a European Obsession, Pennsylvania (Penn UP) 2004
Sommersemester 2012
Rau! Stimme und Sound
BA Seminar, Di 13.15 h
Die Stimme steht immer dazwischen. Ist sie materiell oder doch ohne Körper? Zeigt sie den unmittelbaren Ausdruck, oder ist sie schon fast ein Instrument? Transportiert sie nur Sprache, ist sie dem Sinn, dem Code nur ein äußerlicher Träger? Gehört sie zum Körper, gehört sie in den Zwischenraum von Mund und Ohr? Jedenfalls ist ihr Klang vergänglich, ein Ereignis; ihre Aufzeichnung kann unheimlich sein: Sie trennt die Präsenz einer bestimmten persönlichen Klangfarbe von der Person. Unterwegs, sagte Kafka, werden Küsse im Brief von Geistern ausgetrunken - und das müsste auch für das Telefon gelten. Phonographen speichern seit 1877 zuallererst Stimmen. Lautsprecher erzeugen eine ver/führerische Nähe zum Sprecher, zur Sängerin, zur Rednerin, zum Seufzer. Gesangsstimmen sind diszipliniert nach Geschlechtern sortiert (eigentlich). Die Lautsprache gehört zu den ersten nichttechnischen Medien - 'Oralität und Literalität' bezeichnet eine ebenso alte Debatte wie die Idee, dass Klang und 'Stammelstrommel' den Menschen tiefer ansprächen als differenzierte akustische Zeichensysteme... Ergreift der Klang, der 'Sound vor einer Bedeutung', wirklich tiefer, steht er im Gegensatz zur Technik, oder wo gehören die beiden zusammen? Das Seminar bewegt sich zwischen Technikgeschichte und Theorie (mit) der Stimme.
Ausverkauf. Kreativität und Hochschule
SE M1, Di 16.45
Selbstverwirklichung und Selbstvermarktung betreffen heute gleichermaßen die prosumers von Medien, von Kultur und Kunst, von Mainstream und universitärem Denken. Ist das Kritischsein nur noch ein Habitus (Draxler), kann "die Kunst" noch als Raum des Widerstands behauptet werden, wo bleibt die Freiheit im Medienverbund, und: was sollte eine "unbedingte Universität" sein? Von Ökonomisierungen, Autonomie, Unfreiheit und ihren Lücken handeln neue Texte über Mediengouvernementalität, kreative Arbeit und Bildungspolitik. Denn die Kritik am Wissenschaftsmanagement an den Hochschulen, die Kritik an der Verwertung von 'Kreativität' und die Kritik an einer Ökonomisierung des Selbst in Medien haben einiges gemeinsam. Sie argumentieren gegen die Auffassung von Wissen, Produktivität und Medialität im Sinne ihrer Verwertbarkeit, sie suchen nach Freiräumen des Denkens und Gestaltens, und darin sind sie ähnlichen Paradoxien ausgesetzt: Sie sprechen im System, aber gegen es; sie sind "dagegen/dabei", sie suchen nach einem Ort der Kritik und sind darin produktiv...
Das Seminar wendet sich an alle Interessierten. Leistungsnachweise für Studiengänge mit den Abschlüssen MA, BA, Diplom, Magister werden individuell vereinbart.
Literaturempfehlung: Christoph Menke, Juliane Rebentisch (Hg.), Kreation und Depression. Freiheit im gegenwärtigen Kapitalismus, Berlin (Kadmos) 2010
Ulrike Bergermann, Florian Krautkrämer
Erinnerungsräume. KZ-Gedenkstätten
Master, M1, UE
KZ-Gedenkstätten sind Erinnerungsorte auf mindestens zwei Weisen: Sie machen die Tatorte zugänglich, und sie stellen die Geschichte der Orte aus. Dabei kann man nicht davon ausgehen, dass sich die Verbrechen der Nazis in den Orten eingeschrieben haben, da es ihre Politik war, ihre Spuren wieder zu beseitigen. Gleichzeitig geht ein Besuch der Gedenkstätten mit einer enormen Erwartungshaltung einher, einer Suche nach Erklärung, Zeugenschaft und Grauen. Doch was sieht man noch an 'den Orten selbst' - und welche medialen Präsentationen begleiten sie? Im Hintergrund stehen Fragen wie: Kann man Undarstellbares visualisieren? Wie aber könnte man es lassen? Zur Debatte steht nicht nur der Umgang mit Vitrinen, Fotografien, Artefakten, Filmen, Dokumenten, sondern auch die Inszenierung des Ortes, die Abwesenheit von Dokumenten, die topographische Erfahrbarkeit.
Wir möchten vier solcher Orte besuchen: Die KZ-Gedenkstätten Bergen-Belsen und Mittelbau-Dora, die Ausstellung zur "Topographie des Terrors" in Berlin und die Stelle, an der im VW-Werk Wolfsburg der VW-ZwangsarbeiterInnen gedacht wird. Die Übung gliedert sich in vier Exkursionstage und zwei Treffen für Besprechungen und Textlektüren.
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WS 2011/2012
Dekonstruktive Medientheorie
Master M4 Medientheorie und -analyse, Di 09:45 - 11:15, IMF 53/25
"Dekonstruktion" ist der Titel weniger einer bestimmten Theorie als eines bestimmten Sets an Fragen, die besonders die Medienwissenschaft betreffen: Ist "das Subjekt" die Zentrale seiner eigenen Handlungen? Wie stellen wir uns Präsenz und Authentizität vor, wenn es keine unmediierte Umgebung gibt? Ist der Autor, der Künstler, der Medienmacher Herr über sein Werk? Wie steht es mit dem Verhältnis von Zeichen und Bezeichnetem, der Repräsentation - auch im "virtuellen Zeitalter"? Kann man noch in Erzählungen, in großen Narrativen denken, oder ist es produktiver, Brüche oder Netze oder Rhizome als Modelle heranzuziehen? Was ist Phonozentrismus, und wie hilft uns eine Kritik an Linearität heute weiter? Sprachliche Modelle aus dem Strukturalismus, überlegungen zur Macht, zu An- und Abwesenheit, zu Psychoanalyse und Geschlecht standen Pate bei der Entwicklung entsprechender Antworten insbesondere im später so genannten Poststrukturalismus im Frankreich der 1960er Jahre. Im Seminar lesen wir gemeinsam grundlegende Texte von Barthes, Foucault, Derrida, Baudrillard und anderen - und verfolgen ihre Gedanken in die Medientheorie hinein.
Reload: Musikclips
Bachelor Modul M3a, SE, Mo 18:30, 53/25
Das Musikvideo schien kaum medienhistorisch geadelt, aus dem Experimentalfilm ins Privatfernsehen gehoben, und kein Album wurde mehr ohne mindestens einen immer teurer produzierten Clip produziert - da schien das Genre wieder zu verschwinden. Als Kunstfilm, "Musik für das Auge", retteten sich die Clips eine Weile auf DVDs, um in den letzten Jahren ihren Platz im Fernsehen zu behaupten und in verschiedene Webdistributionsformate zu wandern. Das Seminar betrachtet die retrospektiv ernannten Vorgeschichten der Clips und ihre intermedialen und synästhetischen Programme und sucht nach Beispielen, die sich für eine medienreflexive Clipkritik eignen: Teilnahmebedingung sind 1-2 Clipbesprechungen.
Ulrike Bergermann/Asta Gröting
nachträglich - vorgängig
Es sieht einfach aus: Kunst produziert, Wissenschaft schreibt darüber. So einfach kann es nicht gewesen sein - wer produziert und/oder performt, befindet sich nicht im luftleeren Raum, hat selbst gelesen und geschrieben, Filme gesehen und andere kulturelle Codes aufgesogen. Genauso ist das wissenschaftliche Sprechen und Schreiben als eine produktive Praxis zu betrachten, die ihrem "Gegenstand" nicht äußerlich bleibt. Sprache und Schrift sind nicht einfach 'nachträglich', sekundär, und kein Ereignis, kein Werk, keine Aktion wäre einfach 'vorgängig', ursprünglich. Theoretische Begriffe, die diese Frage behandeln, drehen sich um Begriffe wie "Performativität" oder "Spur"; künstlerische Produktionen wie die der Performance Art beschäftigen sich seit den 1970er Jahren mit der Rolle von Aufzeichnungsmedien in der Produktion des Werks; in der Medienwissenschaft kann beispielsweise die Herstellung von "Live" zeigen, wie das angeblich Sekundäre konstitutiv ist... Dem allen wollen wir gemeinsam nachgehen.
Studierende aus allen Studiengängen sollen in dieser gemeinsamen Übung schreiben: über die eigene Arbeit, über die Arbeit eines/einer anderen, als eigene Arbeit. Es werden sowohl künstlerische Arbeiten (Performance, Video) als auch textbasierte Arbeiten vorgestellt und gemeinsam diskutiert. Für audiovisuelle Medien gilt insofern Ähnliches wie für die sprachlichen, als dass sie wie dem eigentlichen Inhalt 'nachträglich' erscheinen: Eine Videoaufzeichnung berichtet von der Performance, ein Soundmitschnitt bildet das Event nur ab. Aber inwiefern sind diese 'Medienereignisse' auch produktiv (von Anfang an Teil des Events, eigenes Produkt, der künstlerischen Praxis vorgängig...)? Auch diese Frage wird durch eigene kleine Produktionen/Mitschnitte der TeiilnehmerInnen bearbeitet und besprochen.
Dazu sehen wir uns gemeinsam an, wie sich andere WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen mit diesen Fragen beschäftigt haben. Wir SPRECHEN über die Rolle von Sprache, wir LESEN zusammen theoretische Texte (Philip Auslander u.a.), und wir BETRACHTEN Material. Beispielsweise ist Tino Sehgals Arbeit mit dem Publikum, mit "Interpreten", aber auch seine radikale Ablehnung des Dokumentierens hier exemplarisch; welche Rolle spielt das 'Aufzeichnen', spielen Kamera und Internet für Francis Alÿs, für The Bakery oder Forced Entertainment, Waled Raad/The Atlas Group?; das Format der Lecture Performance inszeniert die Frage von Vorschrift und Aufführung auf eigene Art; "Medien" im engeren Sinne (Fernsehen, Presse, Internet) spielt eine zentrale Rolle für die Aktionen der Polit/Kunst/Aktivisten The Yes Men: Wie können sie sich das Wissen um die zeitlich nachgeordnete, die Abbildungsfunktion dieser Medien zunutze machen? Und schließlich HÖREN wir und diskutieren mit Gästen: Am 22.11.11 stellt Birgit Hein ihre Arbeit mit dem Expanded Cinema vor und damit in die grundlegende Produktivität der Medien in dieser Kunstform: Wie macht die Projektion den Raum? Am 6.2.12 erläutert Theaterformen-Festivalleiterin Anja Dierks im Gespräch mit Sylvia Franzmann, wie die Videoaufzeichnungen von Theater- und Performanceaufführungen Eingang in die Festivalarbeit, das Kuratieren, aber auch das Präsentieren des Festivals auf der Webseite finden.
Di 15.00-18.15, zweiwöchentlich/vierstündig, Beginn zweite Semesterwoche
Termine: 1.11., 8.11., 22.11., 6.12.2011, 10.1.2012, 24.1.2012, 7.2.2012
Raum Klasse Asta Gröting), Ausnahme: Expanded Cinema - Vortrag von Birgit Hein am 22.11.11 in der Filmklasse
für BA-Studierende: Übung
Hinweisen möchten wir außerdem auf die Übung von Matthias Anton ("fort/da"), die speziell die Medien auf der Bühne untersuchen wird.
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Sommersemester 2011
Gender in Progress
Di 9.45-13 h, vierzehntägig, Beginn zweite Semesterwoche, M4, Raum 53/25
Die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Geschlecht ist irgendwie konstruiert, und die Medien spielen sicher eine Rolle darin... aber nochmal genau: Sind nur Bilder vom Geschlecht konstruiert, kann man Stereotypen also einfach aufklären, oder wie soll man das denken, Geschlecht 'selbst' sei immer schon konstruiert? Das Seminar will den radikaleren konstruktiven Ansatz verfolgen, auf die Probe stellen und in zwei Punkten weiterentwickeln:
Erstens. Wenn Geschlechter und Medien gemeinsam haben, dass sie sinnvollerweise nur als solche im Werden angesprochen werden können, wenn content genausowenig Schicksal ist wie sex, dann ist zu fragen: Was, zweitens, geschieht mit dieser analogen Situation, wenn es nicht mehr um Zwei, Männlichkeit und Weiblichkeit, um Vorher und Nachher, um Inhalt und Form, geht, sondern um Transgression?
Im Seminar werden wir diese Frage am Schwerpunkt Transsexualität verfolgen. Zur Debatte steht dabei vielfältiges Material von naturwissenschaftlichen Dokumentationen über Spielfilme bis zu neueren Inszenierungsformen.
Eine Mini-Klausur zu Grundbegriffen der Gender Studies in der zweiten Sitzung ist Teilnahmepflicht - da das Seminar vierzehntägig stattfindet, können NachzüglerInnen nur in Ausnahmefällen nach individueller Absprache noch einsteigen.
Ulrike Bergermann, Victoria von Flemming
Standpunkte. Weltkonstruktionen im Auge
Master-Seminar, Do 9.00-11.30 h, Raum 01/304
Das Wissen von der Welt geht durchs Auge. Standpunkte, points of views, bestimmen von Anfang an, wie wir wahrnehmen – und sie sind Indikatoren dessen, was man Subjektivität nennt. Seit Erfindung der Zentralperspektive hat sich die Sicht auf die Welt immer wieder verändert, und die Erfindung von Projektionsverfahren zur Herstellung von Karten oder Panoramen, von Fotografie und Film bis hin zu Google Earth zeigt, dass wir Teil einer Geschichte sind, die sich als eine Modernisierung im Sinne einer Mechanisierung des Sehens fassen ließe. Was bedeutet das aber für die mit der Geschichte der Wahrnehmung verknüpften Entwürfe des Subjekts - inmitten einer Ubiquität von Kameras und screens? Gibt es eine Auflösung der Bindung von Blick und Ich, die statt der Rede vom Ich von einem imaginären Wir zu reden verlangt?
In diesem für Kunst- und MedienwissenschaftlerInnen konzipierten, interdisziplinären Seminar sollen relevante Etappen der Standpunktveränderungen zwischen Zentral- und Multiperspektivität dargestellt und unter Berücksichtigung der einschlägigen Forschungsliteratur diskutiert werden.
Standpunkte - die Übung
Eine Übung zum Seminar wird in Form eines Workshops mit Vorträgen u.a. von Gertrud Koch, Petra Löffler, Tanja Michalsky, Stefanie Diekmann, Peter Bexte am 30.6. und 1.7.2011 angeboten. Das Programm im PDF finden Sie hier. Weitere Informationen: m(dot)neermann(at)hbk-bs(dot)de
Ulrike Bergermann, Rolf F. Nohr
Affen. Eine mediale Zoologie
Master-Seminar, Di 9.45-13 h, vierzehntägig, Beginn erste Semesterwoche
"Unsere nächsten Verwandten" fordern eine enorme Bildproduktion heraus. Evolutionäre Verbindungslinien oder die Formel vom Gegensatz zwischen Natur und Kultur werden an ihnen bearbeitet: Wilder King Kong versus weiße Frau - edler Tarzan zwischen Menschenaffen und Schrifterwerb - Werkzeuggebrauch als Missing link zwischen primitiven und technoiden Wesen... Was sagen uns Wissenschaftsgeschichte und Science Fiction über die Natur unseres Selbstbilds?
Ein begleitender Besuch von Seminar und Übung zum "Dinosaurier" (Hanke) wird empfohlen.
WS 2010/2011
Anfassen - Haptische Medien
M3, Di 15 h, 53/25
Sich nahe sein, verbunden sein, Eindrücke sammeln, Abdrücke hinterlassen, etwas begreifen und an den Grenzen durchlässig werden: Eigentlich sind unsere taktilen Sinne zu vielen medialen Anschlüssen und Übersetzungen geeignet. Dass die Haptik gegenüber Optik und der Akustik in der Philosophie- und Ästhetikgeschichte des Abendlands stets eine untergeordnete Rolle spielte, steht im Gegensatz zur Aufwertung der taktilen Sinne vor allem im Zusammenhang mit den elektronischen Medien. Das Seminar verfolgt die ästhetischen Theorien in ihren Sinneshierarchien über Figuren des Eintauchens, der Taste, des "körperlichen Sehens" bis hin zu Lügendetektoren und neuen haptischen Interfaces.
Das Neue und die Kunst des Forschens. Wissenschaft, Kunst, Medien
Master, Mo 16.45 h, 53/25
Ab wann war das Telefon neu? Wie lange brauchte das Internet, um neu zu sein? Ist nicht jedes Medium der Inhalt eines anderen (McLuhan)? Der Begriff des Neuen scheint durch Werbung inflationär ausgehöhlt, durch Sampling, Intermedialität oder Remediation irrelevant oder kulturindustriell zur ewigen Wiederholung verdammt. Und dennoch gibt es sogar in einer Zeit der rasenden Innovationen den Eindruck von Neuem, so wie sich in wissenschaftlichen Laboren unerwartete Erkenntnisse einstellen, in künstlerischen Praktiken Unplanbares entsteht, Technologien sich unkalkulierbar entwickeln. Wir verfolgen die Idee, etwas sei neu, in diesen drei Bereichen: über Wissenschaftsgeschichte und "Bricolage", den Geniebegriff und das Improvisieren bis hin zu 'neuen Medien' - und was sie dazu macht.
Ulrike Bergermann, Kathrin Peters
Globale Bildpolitiken: Zur Sichtbarkeit des Anderen
M3, Blockseminar, erste Sitzung: 30.11.2010, 12 h, Fr/Sa., 21./22.1.2011, und Fr./Sa., 4./5.2.2011, 53/25
Europa hat auf den Globus aus einer Perspektive geblickt, die auch die postkoloniale Zeit noch bestimmt. Im Seminar wird nach den verschiedenen westlichen Bildern der Globalität und ihrer Anderen gefragt: von den Kolonialmuseen und Archiven des späten 19. Jahrhunderts über die Bildpolitik zur Migration bis zu künstlerischen Projekten, die sich mit der Kolonialgeschichte beschäftigen. Historisch und medial verschiedene Visualisierungsstrategien des Eigenen und des Fremden lassen sich mit Judith Butlers und Tom Holerts Texten zu Sichtbarkeit/Nicht-Sichtbarkeit des Krieges verfolgen: Welche Rolle spielt Visualität im "Denken des Anderen"? Wie strukturieren räumliche Figuren von "Gegenüber", Übertragung, Begrenztsein, flächiger Vernetzung usw. sowohl Medientheorie als auch die Konzeption des globalen Anderen? Wie kann man sich das vorstellen: Aliens R Us?
Sommersemester 2010
Die Farbe Weiß. Postkoloniale Theorie und Medienwissenschaft
SE, MA, Do 13.15 h, Raum 53/05
Ist Weiß eine Farbe, oder ist Weiß die Abwesenheit von Farbe, ihr Nullpunkt, ein unsichtbarer Maßstab, von dem aus die Matrix der Farben erst definiert wird? Kulturhistorisch assoziiert mit Weisheit, Reinheit und einer 'Nähe zum Licht', ist weiß ebenso eine politische Farbe. Richard Dyer rekonstruierte die technischen und inszenatorischen Bedingung für die Darstellungen möglichst weißer Menschen im Film, und die Critical Whiteness Studies arbeiten daran, die Konstruiertheit der weißen Norm sichtbar zu machen. Im Seminar wird es sowohl um die "Privilegierung von Unsichtbarkeit" als Pendant und Bedingung zur Diskriminierung Schwarzer Menschen gehen gehen als auch um Konzepte aus den Postcolonial Studies, um den Black Atlantic oder um Hybridität.
Bestandteil des Seminars ist ein Workshop am Donnerstag, den 10.6.2010, HBK (Raum 1/304):
Farbige Bildpolitik. Workshop zur post/kolonialen Bilderproduktion
"Farbig" ist bunt, vielfältig, aber auch ein ambivalentes Wort: Farbig sei, wer nicht weiß und nicht schwarz ist, ordnete die koloniale Rassenlogik an. Vermischungen wären dann unsauber oder bestenfalls in eine neue Kategorie zu packen, damit die Kategorien erhalten bleiben. Diesen kolonialen Mustern will sich der Workshop in verschiedenen Medien widmen: Beim "Cake walk", einem Modetanz um 1900, tanzten die Weißen die Bewegungen nach, die Schwarze als Parodie der Bewegungen ihrer weißen Herren entwickelt hatten - oder wie verläuft die Geschichte von Aneignung und Zitat im Hin und Her (Astrid Kusser)? Im ersten Tonfilm "The Jazz Singer" von 1927, berühmt für seine Gesangsnummern, verdanken sich diese nicht nur der neuen Tontechnik, sondern auch der Geschichte des Blackface (Lisa Gotto). Eine weitere auch mediale Wanderung zeichnet schließlich die Geschichte der sogenannten "Hottentotten-Venus" nach, deren Zuschaustellung durch europäische Jahrmärkte, Medizinalstuben und Museen ab 1810 bis ins Jahr 2002 reicht (Kerstin Brandes). In wessen Hand die jeweiligen Bilder produziert wurden, wie sie hegemoniale oder subalterne Blicke zeigen, wird an Beispielen des frühen 20. und des frühen 21. Jahrhunderts diskutiert. Im Rahmen des Seminars "Die Farbe Weiß. Postkoloniale Theorie und Medienwissenschaft" versammelt dieser Workshop verschiedene Perspektiven auf den Umgang mit postkolonaler Bildergeschichte bzw. Gegenwärtigkeit. Einleitend geht es um das Braunschweiger Kolonialdenkmal und damit auch um Spuren einer oft vergessenen Kolonialgeschichte zu Hause (Nina Arndt).
15.15 h Ulrike Bergermann: Begrüßung
15.30 h Nina Arndt (HBK Braunschweig): Das Braunschweiger Kolonialdenkmal
16.00 h Astrid Kusser (Universität zu Köln): Der Cake Walk - koloniales Tanzen zwischen Herrschaft und Aneignung
Moderation Rolf F. Nohr, IMF
17.00 h Lisa Gotto (Internationale Filmschule Köln): Grenzwertig: "The Jazz Singer". Schwarz und weiß im ersten Tonfilm 1927
Moderation Ilka Becker, IKW
18.00 h Kerstin Brandes (Universität Oldenburg, Kunstwissenschaft): Die "Hottentotten-Venus" - Aneignungsstrategien und migrierende Bilder
Moderation Alma-Elisa Kittner, IKW
Die Veranstaltung wird unterstützt von der Forschungskommission der HBK und dem Braunschweiger Zentrum für Gender Studies; Kooperationspartner (Kolonialdenkmal) ist Prof. Dr. Herbert Mehrtens, TU Braunschweig.
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Ulrike Bergermann, Ilka Becker
Klima und Katastrophe
SE, M4, Di 16.45 h, Raum 1/304
Klima und Katastrophe bilden eine Alliteration, die in den letzten Jahren häufig geworden ist: das eine gehört zum anderen. Künstlerische Ansätze und mediale Umsetzungen reflektieren und kommentieren das Tableau von Bedrohungsszenarien, Wissenschaftskritik und politischen Globalversuchen bis zu Migrationsbewegungen und individuellen Überlebensstrategien. Welche Visualisierungsmodi, Rhetoriken und Bildpolitiken bilden sich in diesem Prozess heraus? Wie adressieren die als minoritär erachteten Diskurse die hegemonialen Positionen von Big science bis Big government?
Zwei öffentliche Gastvorträge sind Teil des Seminars: Tobias Conradi (Universität Paderborn), "Treibstoff der Wirbelstürme" – Katastrophen-Diskurse am Beispiel des "Hurrikans Katrina" (1.6.2010), und Florian Wüst (Kurator, Berlin): Fürchten und Hoffen. Filmische Inszenierungen des Klimawandels (15.6.2010)
Ulrike Bergermann, Kathrin Wildner
Adopt-a-car: Die Autostadt Wolfsburg. Event - Objekt - Location
Übung, M2, Blockseminar/Exkursion – Termine: Einführung: Do., 15.4.2010, 16.00-17.00, Raum 53/05; Branding und Raumerkundung: Do., 29.4.2010, 15.30- 18.30 h, Raum t.b.a.; erste Exkursion: Fr., 28.5.2010, ganztägig; zweite Exkursion: Fr., 18.6.2010, ganztägig
Die "Autostadt" ist ein doppelter Name: Eigentlich ist Wolfsburg eine Autostadt, insofern sie eigens für die Produktion der "Volkswagen" aufgebaut wurde; gleichzeitig bezeichnet "Autostadt" ein Gelände, auf dem man Eintritt dafür bezahlt, Markeninszenierungen zu betrachten. Hier überlagern sich Konsum und Unterhaltung auf ungewohnte Weise. In einem Pavillon kann man seinen Neuwagen persönlich abholen, eine Dauerausstellung zeigt die Geschichte des Autos, Wechselausstellungen z.B. zur ökologischen Nachhaltigkeit ("Level Green") oder eine Fahrschule für Kinder ("MobiVersum") schaffen Akzeptanz für eine autozentriere Verkehrspolitik, und die Markenpavillons versprechen Erlebniswelten, in denen die "Philosophie" der einzelnen Automarken aufwendig in Szene gesetzt wird. Im zehnten Jubiläumsjahr ist jetzt weniger von der Geschichte der Autostadt Wolfsburg die Rede, die von ihrer Gründung 1938 bis 1945 "Stadt des Kraft-durch-Freude-Wagens" hieß (der KdF-Wagen war der Käfer). Heute steht der Name "Autostadt" vielmehr für eine "Kommunikationsplattform" des VW-Konzerns. Diese will das Seminar in drei Schritten erkunden.
Nach einer verpflichtenden organisatorischen Vorbesprechung und thematischen Einführung geht es in einer zweiten Sitzung um die Themen Branding, Erlebniswelten und die Selbstdarstellung der Autostadt. Kathrin Wildner von der Viadrina-Universität Frankfurt/Oder wird uns in die Methoden der Stadtethnologie und der Raumerkundung einführen. Der erste Besuch der Autostadt dient dieser Erkundung von Gelände und Pavillions und Ihrer Auswahl: Beim zweiten Besuch referieren Sie über eine Markeninszenierung, ein Geländemerkmal, das crowd management oder das Design eines Pavillons: Adopt-a-car!
Teilnahme an der Kooperation HBK/TU Braunschweig:
Körper(stereo)typen. Interdisziplinäres Ringseminar zu Körper und Geschlecht
Mi 11.30 h, Ort: BI 97.1 (TU Braunschweig, Campus Nord)
Der menschliche Körper ist in der Geschlechterforschung ein viel diskutiertes Thema und zugleich gemeinsame Schnittmenge zahlreicher Disziplinen. Sei es als organische Materie wie in der Biologie, als Versuch datentechnischer Simulation durch die Informatik, als Untersuchung sozialer Verhaltensmuster oder etwa als künstlerischer Entwurf – der Körper liegt in jeweils unterschiedlicher Konzeption nahezu jeder Wissenschaft zugrunde. Im Ringseminar wird beleuchtet, wie in den einzelnen Disziplinen Wissen über den Körper verhandelt, klassifiziert oder auch kritisiert wird. Es geht vor allem darum, welche Typen und Kategorien sowohl produziert als auch unterwandert werden. Rosa, blau, schön, hässlich, alt, jung, gesund, mobil, krank, süchtig, echt, geklont, unecht sind Differenzierungen, die oftmals auf traditionelle Geschlechtersymboliken oder stereotype Fassungen von Weiblichkeit und Männlichkeit beruhen. Im Mittelpunkt stehen Formen der Klassifizierung des menschlichen Körpers, die auf die Vereindeutigung von männlich und weiblich zulaufen, aber auch die Uneindeutigkeiten in den Blick nehmen z.B. im Umgang mit Intersex. Gefragt wird zum Einen, mit welchen Instrumenten, Methoden, Sprachen und Technologien Körpertypen hervorgebracht werden und zum Anderen, wie diese Körperkonzepte mit gesellschaftlichen und geschlechtsspezifischen Normierungen verknüpft sind.
(Organisation: Juliette Wedl, Daniela Döring, Bettina Wahrig)
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WS 2009/2010
Kulturgeschichte der Verwandtschaft
SE M3, Mi 15 h
Mit jemandem verwandt zu sein, erscheint uns als das Natürlichste von der Welt. Doch das heutige Modell der kleinfamilialen Reproduktion, das mit "Verwandtschaft" assoziiert wird, unterliegt großen historischen Wandlungen. In verschiedenen Zeiten, Religionen, naturwissenschaftlichem Wissenformen und Machtstukturen gab es verschiedene Formen des Zusammenlebens und des sich zugehörig Fühlens. Bilder von der Abstammung, Bilder der Ähnlichkeit oder auch nur - der Wortbedeutung von "verwandt" bis ins 17. Jahrhundert folgend - des sich nahe Fühlens, einer konstatierten Ähnlichkeitsbeziehung im Gemüt, demonstrieren die kulturelle Konstruktion und Langlebigkeit des Begriffs. Das Seminar verfolgt diese von der Ikone der Heiligen Familie und ihren Folgen, der Erfindung der Kindheit, Öffentlichkeit und Privatheit, anthropologischen und Evolutionstheorien über Konzepte von "Generationen", "Rassen", "Biomacht" und Reproduktionstechnologien bis zum neuen "belonging".
Bilder des Computers 1940-1980
SE M1, Di 15 h
Thema des Seminars sind die Imaginationen der Gebrauchsmöglichkeiten "des Computers". Was ein Computer ist, addiert sich nicht nur in der Technikgeschichte aus einer Vielzahl von Geräten, sondern entsteht auch im kulturellen, kollektiven Bild dessen, was eine große Rechenmaschine tun und bewirken kann. Obwohl man schon in der Antike von Rechenmaschinen sprechen kann und das Wort "computer" aus dem lateinischen computare (berechnen) für mittelalterliche Astronomen überliefert ist, beginnt "der Computer" als englische Bezeichnung für große nichtmenschliche Rechner erst in den 1940er Jahren eine spezielle Geschichte - von Räumen voller Bauteilen bis zu den Desktops der 1980er Jahre: Teile einer Archäologie der Bilder von künstlicher Intelligenz. Führen diese Geräte ein Eigenleben? Kann man menschliche Existenz nachbauen und dann sich selbst überlassen? Spiegelt sich darin eine menschliche Mechanizität, die vorher nicht in den Blick kam? Können die Intelligenzen verschmelzen oder treten sie in Konkurrenz? Wir starten mit Texten von Wiener, Turing und von Neumann um 1940 und verfolgen dann angloamerikanische Bilder von Wahrnehmungserweiterungen, Kontrollphantasien, kybernetischen Organismen und neuen Handlungsoptionen bis hin zu den Immersionsbildern des beginnenden Miniaturisierungs- und Internetzeitalters.
Adopt-a-book 2: Medienphilosophie
Übung M1, Blockseminar
Sind unsere Begriffe von der Welt nur wie Schatten der Dinge? Ist virtuell das Gegenteil von real? Gibt es ein richtiges Leben im falschen? In dieser Übung geht es darum, die wichtigsten Positionen aus dem Bereich der Medienphilosophie kennenzulernen: Durch Ihre Vermittlung! Es gilt also: Adopt-a-philosopher.
Ihre Aufgabe ist es, anhand von Überblickstexten und gezielten Ausschnitten aus Primärtexten Ihres gewählten Autoren in die grundlegenden Thesen und Fragen der einzelnen Autoren einzuführen: Erstens durch einen 3-4seitigen Input, der Ihre Lektüre und die Erkenntnisse daraus nachvollziehbar macht, und zweitens durch die Auswahl geeigneter Passagen und Thesen für eine gemeinsame, von Ihnen vorbereitete Lektüre und Diskussion.
Alle Texte werden auf Stud-IP zum Download angeboten - sowohl die Hintergrundtexte für die ReferentInnen (und alle Interessierte) als auch diejenigen Passagen, die einer gemeinsamen Lektüre unterzogen werden.
Zur Entspannung sehen wir zwischendurch Filmportraits einzelner Autoren.
Ulrike Bergermann, Heike Klippel
Zeit
Masterseminar, Di 11.30 h
Im Seminar werden Basis-Texte zum Begriff der Zeit gelesen, und das sind ebenso theoretische Texte wie solche, die die Zeitlichkeit einzelner Medien untersuchen - und damit die Verschränkung von Medien und Theorie. Denn die Zeit ist ein grundlegendes Prinzip, dem die materielle Welt unterworfen ist. Zeit kann gefühlt und gemessen werden, d.h. sie ist eine subjektive Wahrnehmung und eine objektive Gegebenheit. Zeit kann strukturiert und rhythmisiert werden, sie ist begrenzt, aber wer zuviel Zeit hat, langweilt sich. Zeitlichkeit ist wichtig für Vergänglichkeit, Wiederholung und für das Neue, Zukünftige - und all das denken wir durch Medien... Voraussetzung für die Seminarteilnahme ist die Bereitschaft, Bezüge zwischen Theorie und Praxis, zwischen Texten und Medienbeispielen zu entwickeln.
Zeit
Master, Übung, Mi 16.45 h
Die Übung zur ZEIT wird besonders die Visualisierungsstrategien im Bewegtbild analysieren: Welche Strategien sollen zu bestimmten Zeiterfahrungen führen, welche Codes signalisieren "Echtzeit", Zeit als Bedingung für Wahrnehmung, Geschichte oder Ereignis - oder auch: für Zeitschleifen? Gibt es einen performativen Umgang mit zeitbasierter Narration, mit Zeit als dem Grundraster von Produktions- und Rezeptionsbedingungen, der Matrix von Handlungsabläufen oder ihrem Gegenteil, der technologischen Sektion von Prozessen, der Visualisierung von Unsichtbarem, "Optisch-Unbewusstem", dem historischen Charakter des scheinbar Überhistorischen, der erkenntniskritischen Funktionen von Zeitschleifen, dem Sinn der Ästhetik von Langeweile, dem Gewinn von Tempo und Hektik, dem Zweifel an der Chronologie...?
Sommersemester 2009
Datenkrake? Archivtheorien und Google
Modul: Basis Analyse, Di 11.30 h
Das ganze Internet herunterladen, das Wissen der Welt speichern: Das waren frühe Ziele von Google. Die Suchmaschine Google ist für viele, in Deutschland für über 80% der Benutzer, zur ersten Anlaufstation für Webseiten geworden. Damit wäre Google der Gatekeeper des Internet: Nur die Webseiten, die indiziert, gerankt und 'gespeichert' wurden, erscheinen als Ergebnisse der Google-Suche, und nur diejenigen, die unter den ersten 10-30 Treffern landen, werden auch wirklich aufgerufen. Der Zugang zum "Wissen der Welt", insofern es online zu finden ist, wird von Googles Algorithmen verwaltet. Das hat Konsequenzen für unsere kulturhistorische Tradition der Verwaltung von Wissen. Verkörpert sich hier Foucaults Definition vom Archiv als dem "Spiel der Regeln, die in einer Kultur das Auftreten und das Verschwinden von Aussagen, ihr kurzes Überdauern und ihre Auslöschung, ihre paradoxe Existenz als Ereignisse und als Dinge bestimmen"? Im Seminar beschäftigen uns mit den entsprechenden Theorien und Mediengeschichten: Theorien von Gedächtnis und Archiv, Logiken von Bibliotheken und Enzyklopädien, oder mit dem Projekt der "Universalbibliothek", aber auch mit der Frage nach Überwachung und Kontrolle. Die zahlreichen Google-Dienste neben der Suchfunktion sammlen riesige Datenmengen, deren mögliche Verknüpfung die Frage nach der Geschichte des Sammelns und Speicherns radikal umkrempeln können.

Handicap. Zur Mediengeschichte der Behinderung
Modul: Basis Medientheorie, Di 16.45 h
Es gibt eine klassische Hierarchie der Sinne – und wem einer fehlt, der kann der Weisheit oder dem Wort Gottes nicht so nahe kommen wie die, die sehen, hören, fühlen usw. können... Es gibt eine körperliche Normalität, die einem Normalismus engstens verwandt ist. Behinderungen machen diese Grenzen, Hierarchien und Normen deutlich. Das Seminar verfolgt sie in der Geschichte ihrer Ausgrenzung, aber auch ihrer Produktivität: Die Schreibmaschine wurde als Hilfe für Blinde erfunden, die Politiken gegen die "Taubheit" brachten Sprechmaschinen hervor, Gebärdensprache soll dem ursprünglichsten Ausdruck des Menschen am nächsten sein... Inszenierungsstrategien für körperliche Behinderungen in Film und Fotografie sind ebenso Thema des Seminars wie Grundlagentexte aus Ästhetik und Mediengeschichte - sowie ein Ausblick auf aktuelle Disability Studies und neue Bilderpolitiken.
WeltBilder – Medien und Globalisierung
Modul: Aufbau Medientheorie, Mi 13.15 h
Kann man die Erde sehen? Ist Globalisierung unsichtbar? Und: Wie bestimmten Medien das Bild der Welt? In dieser Übung geht es darum, verschiedene Bildgenres und Visualisierungstechniken auf ihre Modi der Abbildung der Erde, der Darstellung des Planeten oder der Inszenierung von Globalisierung hin zu prüfen. Vor dem Hintergrund von Texten über weltumspannende Medien, die Vermessung des Raums und die Geschichte verschiedener Telemedien betrachten wir exemplarische Bildfelder: 1. Eroberungsreisen (koloniale Erkundungen, Kartografie; Raumfahrtabenteuer; Begegnung mit dem anderen und der Blick zurück auf das Eigene); 2. Konstruktionen von Ganzheit (das Foto des Blauen Planeten; die Erfindung Europas; das Genre Infografik; das Genre Weltausstellung), 3. Darstellung globaler Klimakatastrophen (wissenschaftliche Bilder; Simulationstechniken; Al Gore...). Im jeweiligen Zusammenspiel von Medientechniken und kulturellem Imaginären entsteht das Wissen von der ganzen Welt.
Adopt-a-book: Gender und Medien
Übung, Blockseminar, 1. Termin: 16.4.09, 12.30 h, Raum 05, Blockseminare 19./20. und 25./26.6.09
Rezensionen halten eine community am Leben und kommunizieren Entwicklungen in der Rezeption. Das Verfassen und Zirkulieren von Buchbesprechungen - von wissenschaftspolitisch motivierten Verrissen bis zur Werbung - ist nicht nur für die Weiterentwicklung von Forschungsrichtungen sehr wichtig. Vielmehr sind das poiniterte Herausarbeiten von Argumentationssträngen, das Einordnen in plausible Kontexte und das nachvollziehbare Kommentieren Fertigkeiten, die für das wissenschaftliche Arbeiten insgesamt qualifizieren. Zunächst werden wir exemplarische Rezensionsessays gemeinsam analysieren - und dann Ihre Rezensionen! Denn "Adopt-a-book" heißt: Sie sind für ein Buch zuständig, für das Verfassen einer Rezension dieses Buchs, Sie präsentieren es dem Seminar vor dem Hintergrund vorher diskutierter Kriterien. Außerdem machen wir uns mit den Orten und Organen bekannt, an denen medienwissenschaftlich relevante Rezensionen erscheinen. Am Beispiel von Neuerscheinungen im Bereich der Gender Studies bringen wir uns zudem auf den aktuellen Stand dieser Forschung. Diese Übung ist die erste einer Reihe, in der es weniger um den Erwerb überblicksartiger Kenntnisse oder das Einarbeiten in ein medienwissenschaftliches Forschungsfeld geht, sondern um konzentrierte, kleinformatige Lektüren oder Textproduktionen.